Verdacht auf Tierquälerei in Putenmast erhärtet sich

AGRAR Video lässt sich beschuldigtem Betrieb zuordnen. Ministerin bestreitet Verantwortung

BERLIN taz | Die Tierschutzorganisation Peta hat neue Belege für ihren Vorwurf der Tierquälerei in Putenmastbetrieben vorgelegt, die mit Niedersachsens Agrarministerin Astrid Grotelüschen in Verbindung stehen. Die Aktivisten machten der taz am Freitag das Rohmaterial ihrer Filmaufnahmen von sterbenden oder verletzten Puten zugänglich. So will Peta beweisen, dass die Bilder – anders als von der CDU-Politikerin behauptet – tatsächlich aus den beschuldigten Unternehmen stammen.

Ein Video zeigt unter anderem eine auf dem Boden liegende Pute, deren Kopf vor Schwellungen kaum mehr als solcher zu erkennen ist. Außerdem ist bei vielen Puten das Federkleid stark beschädigt. In einer Szene schwingt eine Tür auf und gibt den Blick in einen großen Putenstall frei. Sämtliche Bilder wurden gefilmt, ohne die Kamera auszuschalten. „Die Türszene wurde in unserem Betrieb aufgenommen“, sagte Landwirt Volker Knops aus Deyelsdorf in Mecklenburg-Vorpommern der taz. Also müssen ebenfalls die anderen Einstellungen in seinem Stall entstanden sein.

Mit den Ergebnissen der Videoauswertung konfrontiert, sagte Knops: „Das kann nicht sein. Wir gehen jeden Tag durch den Stall.“ Zum Vorwurf der Lüge erklärte er: „Dann müsste ja das Veterinäramt, das uns ständig kontrolliert, versagt haben. Wir haben seit 1995 keine Beanstandung gehabt.“ Das Landratsamt Nordvorpommern erklärte jedoch, dass sehr wohl „Mängel“ festgestellt worden seien, die aber keinen Rechtsverstoß dargestellt hätten.

Im Agrarausschuss des niedersächsischen Landtags bezweifelte Grotelüschen am Freitag Teilnehmern zufolge auch nicht mehr hauptsächlich die Echtheit der Bilder. Sie bestritt vor allem, für die Zustände verantwortlich zu sein. Die beschuldigten Mastbetriebe gehörten zwar zu einer Erzeugergemeinschaft, deren größter Teilhaber das Unternehmen ihres Mannes sei. Sie selbst war bis zu ihrem Amtsantritt im April Geschäftsführerin der familieneigenen Firma. Aber die Mastbetriebe seien trotzdem selbstständig.

Doch dem Gesellschaftervertrag zufolge, den das Fernsehmagazin „Report Mainz“ der taz zur Verfügung stellte, legt die Erzeugergemeinschaft auch „Erzeugungs- und Qualitätsregeln“ für die Betriebe fest. Die Gemeinschaft müsse regelmäßig überprüfen, ob die Mäster die Regeln einhalten. Außerdem ist die Grotelüschen’sche Mastputenbrüterei nach eigenen Angaben an zwei Schlachthöfen beteiligt, die die Puten der mutmaßlichen Tierquäler kaufen. „Auch als Käufer hat man eine Verantwortung“, sagte Eckehard Niemann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Grotelüschens Sprecher antwortete darauf, er arbeite für das Ministerium, nicht für das Unternehmen. JOST MAURIN