Ärzteverhandlungen jetzt ohne Ärzte

Aus Wut über seinen Ausschluss von den Tarifgesprächen droht der Marburger Bund mit Dauerstreiks an Kliniken

BERLIN dpa ■ Mit verschärften Dauerstreiks an den kommunalen Kliniken will der Marburger Bund gegen einen Tarifabschluss ohne Beteiligung der Ärztegewerkschaft protestieren. Arbeitgeber, die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und dbb tarifunion verhandeln seit gestern über einen Tarifvertrag für alle 400.000 Beschäftigten an den kommunalen Krankenhäusern, also nicht nur für die 70.000 Ärzte. Der Marburger-Bund-Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery drohte: „Diese Art von Sandkastenpolitik wird die Ärzte so sauer machen, dass sie erst recht streiken werden.“

Ver.di-Sprecher Harald Reutter verteidigte hingegen die neuen Gespräche: „Wenn es Spielraum für einen Abschluss gibt, erwarten wir, dass dieser Spielraum auf alle Beteiligten verteilt wird.“ Es dürfe nicht eine bestimmte Beschäftigtengruppe privilegiert werden. Die Arbeit im Krankenhaus sei eine Teamleistung. „Uns geht es nicht nur ums Geld, sondern auch um die Arbeitsbedingungen.“ Über die Gespräche ohne den Marburger Bund hatten die Beteiligten Stillschweigen vereinbart.

Montgomery sagte, die Situation an den kommunalen Kliniken könne nicht befriedet werden, indem Ver.di die noch unvollständigen Regelungen aus den Verhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) als Vertrag abschließe. „Wo kämen wir denn hin, wenn eine Gewerkschaft Ver.di, die den Streik nicht ausgerufen, ja sogar bekämpft hat, nun durch einen einseitigen Vertrag zulasten der Ärzte den Streik beenden könnte.“ Beim Marburger Bund seien zudem rund 110.000, bei Ver.di dagegen nur 1.000 Ärzte organisiert.

Zum Auftakt der sechsten Streikwoche legten Ärzte an Dutzenden Kliniken die Arbeit nieder. Vielerorts war die Wut auf die Arbeitgeber groß. Der Sprecher der Assistenzärzte des Klinikums Region Hannover, Jan Kniese, sagte: „Wir machen so lange weiter, bis es einen Tarifvertrag zwischen dem Marburger Bund und dem VKA gibt, welcher unsere Streikziele enthält.“

Die Ärzteorganisation Hartmannbund wertete die Geheimverhandlungen mit Ver.di als „eine Kampfansage an über 100.000 Ärzte in Deutschland“. Der Vorsitzende, Kuno Winn, sagte: „Es gibt kein Mandat für Ver.di, das wird eine reine Phantomveranstaltung.“

Der Marburger Bund hatte die Verhandlungen für die kommunalen Kliniken wegen Differenzen in der Gehaltsfrage am 18. Juli beendet. Die Arbeitgeber lehnen einen Schlichter ab.