Leiser Abschied von der Tankstelle

Ab heute wird Biodiesel aus Raps erstmals mit neun Cent besteuert. An der Zapfsäule soll sich der Preis aber kaum verändern. Die Branche trägt die Steuer vorerst aus den Gewinnen vergangener Jahre. Dennoch sind die Tage des reinen Biodiesels gezählt

VON TARIK AHMIA

Ab heute wird Biodiesel erstmals mit 9 Cent pro Liter besteuert. Doch die Kunden an der Zapfsäule werden davon zunächst wohl nicht viel spüren. Denn die Hersteller signalisieren, dass sie die höheren Kosten erst mal selber tragen würden – zu groß ist die Furcht der Branche, sich in der Konkurrenz zum fossilen Diesel ihr Grab zu schaufeln.

„Die Preisvorteil wird weiter so groß sein, dass reiner Biodiesel an der Zapfsäule attraktiv bleibt“, sagt Karin Retzlaff vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie der taz. Kunden können damit rechnen, dass ein Liter des überwiegend aus Rapsöl hergestellten Treibstoffes weiterhin mindestens 10 Cent günstiger als fossiler Diesel bleibe. Auch die Arbeitsgemeinschaft Qualitätsmanagement Biodiesel (AGQM) hält den Preisabstand zum fossilen Diesel für ein „ungeschriebenes Gesetz“.

Die Besteuerung von Biodiesel läutet dennoch den langsamen Abschied vom reinen Biodiesel an der Zapfsäule ein. Denn die Branche wird den Preisvorteil nicht mehr lange durchhalten können. Sie muss den Steueraufschlag aus ihren Gewinnen bezahlen. Diese sind zwar in der Vergangenheit reichlich geflossen. Doch ab 2008 steigt die Biodieselsteuer jährlich weiter um 6 Cent. „Ab 2009 wird es für den freien Biodieselmarkt kritisch“, fürchtet Karin Retzlaff. Dann sind 21 Cent Steuern pro Liter Biodiesel fällig. Ab 2012 wird Biodiesel mit dem vollen Mineralölsteuersatz besteuert.

Als Grund gibt das Finanzministerium an, die bisherige Steuerfreiheit habe Biodiesel im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen bislang zu stark begünstigt. Das aber verstoße gegen die EU-Richtlinie zur Energiebesteuerung von 2003. Außerdem kritisieren Experten bereits seit einiger Zeit die schlechte Ökobilanz von Biodiesel. „Biodiesel ist nicht besser als normaler Sprit“, urteilte zum Beispiel Axel Friedrich vom Umweltbundesamt im Juni in der taz.

Für das Überleben der Biodieselwirtschaft soll eine Beimischungspflicht ab 2007 sorgen. Jeder Liter fossiler Diesel muss dann 5 Prozent Biodiesel enthalten. Die Beimischung stellt schon heute einen wichtigen Absatzkanal für Biodiesel dar. Etwa 600.000 Tonnen der gesamten Biodieselproduktion von 1,8 Millionen Tonnen im Jahr 2005 bezog die Mineralölindustrie. Weitere 680.000 Tonnen, ungefähr 38 Prozent der Produktion, wurden direkt an die Betreiber von Lkw-Flotten geliefert. In den freien Verkauf an die bundesweit 1.900 Biodiesel-Tankstellen gingen nur 28 Prozent der Produktion.

Weil dort mit dem schwindenden Preisvorteil Verkaufsrückgänge absehbar sind, ziehen sich bereits jetzt erste Autohersteller zurück. So bietet Audi keine Aufrüstsets mehr für Biodiesel an. Der Konzern begründet den Rückzug mit technischen Problemen: Rußpartikelfilter, mit denen die meisten Diesel-Neuwagen heute ausgerüstet würden, vertragen den Rapsdiesel nicht. Im Biodieselbetrieb könne man nicht die nötige Temperatur im Filter erreichen, um die Rußpartikel abzubrennen. Dabei scheint es doch nur eine Frage der Zeit, bis dieses Problem gelöst ist, berichten die Hersteller der Filtersysteme. „Wir rechnen mit der Freigabe unseres Partikelrußfilters für Biodiesel im September“, sagt Annette Ritz vom Hersteller HJS. Der Partikelfilter werde auch für ältere Dieselautos zur Nachrüstung angeboten. Er wird etwa 750 Euro kosten.