PDS-Politikerin fordert 950 Euro für jeden

Kipping stellt Konzept zu Grundeinkommen vor. Doch selbst die Parteispitze ist von dem Papier offenbar nicht überzeugt

BERLIN taz ■ Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat gestern in Berlin ein Konzept für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) vorgestellt. Es sieht vor, jedem Erwachsenen monatlich 950 Euro und Kindern bis 16 Jahren 475 Euro auszuzahlen – unabhängig von ihrer sozialen Situation.

Zur Finanzierung soll vor allem eine Sozialabgabe von 35 Prozent auf Einkommen dienen. Zudem fordert Kipping neue Steuern wie eine Börsenumsatzsteuer, eine Sachkapitalsteuer, eine Tobin-Steuer und eine Luxussteuer. Da das BGE die meisten steuerfinanzierten Sozialleistungen des Staates ersetzen könne, seien so die Gesamtkosten von etwa 855 Milliarden Euro zu stemmen, versichert die Politikerin.

Bisher stehen außer Kipping allerdings nicht einmal namhafte Linkspartei- und WASG-Mitglieder hinter dem Papier. Bisky, Gysi, Lafontaine und Co schenkten sich gestern den Termin. Da müsse sie wohl „noch Überzeugungsarbeit leisten“, räumte die 28-Jährige ein.

Kipping hält ihre Argumente aber für überzeugend genug. Das BGE sei ein gutes Instrument, um dem Anspruch aller Menschen, an der Gesellschaft teilzuhaben, gerecht zu werden, und das BGE stärke die individuelle Selbstbestimmung, sagt die PDS-Politikerin. Zudem unterstütze es indirekt die von der Linkspartei geforderte Arbeitszeitverkürzung und stärke die Position von Arbeitnehmern gegenüber den Arbeitgebern. Zusätzlich zum BGE fordert die Linkspartei einen Mindestlohn von 8,50 Euro.

Die Idee eines Grundeinkommens oder Bürgergeldes ist kein sozialistisches Novum. Das schon vom Philosophen Bertrand Russel vorgeschlagene Modell wird sowohl von Parteien, wie den Grünen, der SPD und sogar der FDP, als auch in der Gesellschaft diskutiert. So sprach sich das Hamburger Wirtschaftsinstitut im April dafür aus, ebenso Bundespräsident Horst Köhler. Allerdings mit mindestens einem entscheidenden Unterschied: Sie wollen das Geld nicht bedingungslos an jeden auszahlen. KATRIN RÖNICKE