Shoppen mit der CDU

Beim Bau von Einkaufszentren sind Christdemokraten oft die eifrigsten Befürworter. In Oldenburg aber gerät eine Shopping-Mall von Europas größtem Projektentwickler ECE in die Wirren des Kommunalwahlkampfs. Obwohl Hamburger CDU-Politiker bei der Otto-Tochter ihr Geld verdienen

Von Kai Schöneberg

In den Kathedralen des 21. Jahrhunderts wird nicht mehr gebetet, sie sind genormte Gehwege und Behälter für Nanu-Nana, Döner-Buden, Drogerien und Flagship-Stores – und Grabstein für viele bereits angeschlagenen Innenstädte. Tante Emma röchelt kaum noch, jetzt kommt Europas größter Projektentwickler: ECE, Tochterfirma des Hamburger Otto-Konzerns, überzieht das Land mit uniformen Shopping-Malls, häufig gegen den Widerstand von Bürgern und lokalem Einzelhandel, 84 Center gibt es schon. In Braunschweig wird ein 30.000 Quadratmeter großes „Glasgeschwür“ (Die Zeit) mit Fassaden-Imitationen des einstigen Stadtschlosses hochgezogen, in Hannover soll die ähnlich große „Ernst-August-Galerie“ im Herbst 2008 eröffnen.

In Oldenburg geraten die Planungen für die ECE-„Schlossgalerie“ dagegen derzeit in die Wirren des Kommunalwahlkampfes. Ausgerechnet die oppositionelle CDU hat sich entschlossen, gegen das 90 Millionen Euro teure Projekt zu stimmen, weil es in der Bevölkerung „erhebliche Bedenken“ gebe. Die gibt es, aber die waren der CDU bislang egal. Ein Bürgerbegehren sammelte 18.000 Stimmen gegen das Projekt, scheiterte aber vor dem Oberverwaltungsgericht. In der Planfeststellung gab es 780 Einwendungen, 120 von 150 Kaufleuten votierten in einer Unterschriftenaktion gegen den Betonkasten, den sie als Bedrohung ihrer Existenz empfinden.

Allerdings wird am 10. September auch der neue Oberbürgermeister gewählt. Der „völlig unbekannte und bislang farblos gebliebene“ CDU-Kandidat Gerd Schwandner hätte ohne Opposition gegen den Kaufpalast gegen den amtierenden SPD-Kandidaten Dietmar Schütz „wohl gar nichts mehr auszurichten“, schrieb die lokale Nordwest-Zeitung. Dabei hatte Schwandner bereits Schützenhilfe aus Hannover erhalten. Das Bauvorhaben in der Nähe des Schlosses sei „mit denkmalpflegerischen Belangen nicht vereinbar“, heißt es in einer Stellungnahme der Landesdenkmalschutzbehörde von Kulturminister Lutz Stratmann (CDU). Eine „rein fachliche Entscheidung“, betont Stratmann. Der Minister ist zufällig Oldenburger CDU-Chef und träumt dort von Schwarz-Grün, Schwandner war bis vor kurzem sogar Mitglied der Grünen.

Verwundern mag das plötzliche Sperrfeuer auch, weil sich gerade Unions-Politiker allerorten als ECE-Freunde outen. Braunschweigs CDU-OB Gert Hoffmann peitschte das dortige 200-Millionen-Euro-Projekt gegen alle Bedenken durch, in Hannover gerierte sich der allerdings chancenlose Oberbürgermeister-Kandidat der CDU, Dirk Toepffer, ebenfalls nicht als Investorenschreck.

In Hamburg gibt es nicht nur fünf Malls des Projektentwicklers, sondern auch enge personelle Verflechtungen mit der CDU. Der CDU-Abgeordnete Andreas Mattner ist Geschäftsführer mehrerer ECE-Töchter, sein Fraktionskollege Robert Heinemann verantwortet die ECE-Öffentlichkeitsarbeit im Inland. Zum 1. Juli hat er einen neuen Mitarbeiter: Christian Saadhoff, noch Sprecher von Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU).

Ausschlaggebend wird der Umfaller der Oldenburger CDU bei der entscheidenden Ratssitzung am kommenden Montag wohl kaum sein, denn SPD-OB Schütz verfügt im Stadtrat über eine Stimme Mehrheit. Diese Stimme gehört dem Unabhängigen Franz Norrenbrock. Der wird seine Hand für ECE heben, „weil noch mehr Ladenfläche im Umland entsteht, wenn wir nichts machen“. Zudem, so ist auch Norrenbrock überzeugt, „wird die CDU nach der Wahl garantiert wieder für das ECE-Center sein“.