JAHRESENDAUSSTELLUNGEN
: Ein- und Rückblicke

Hajo Schiff

Auch die Kunst beteiligt sich am kommerziellen Ritual der Weihnachtsmärkte und Jahresend-Übersichts-Ausstellungen. Eine der besten Einblicke dabei gibt eine immer sehr interessante Gruppenschau, die eigentlich einem ganz anderen Zweck dient: Die Ausstellung der Bewerberinnen und Bewerber 2014 für die Hamburger Arbeitsstipendien für Bildende Kunst. Nach der Vorauswahl durch Mappeneinreichungen dürfen 33 ausgewählte KünstlerInnen etwas Reales von sich präsentieren. Und das machen sie meist ebenso repräsentativ wie gut, winkt doch für 10 von ihnen für ein Jahr die Ehre einer monatlichen staatlichen Unterstützung – die allerdings seit Jahren nicht aufgestockt und den Kosten der wirklichen Welt angepasst wurde. Aber was ist schon real.

Wie sauber designte Gefälligkeit in latenten Horror umschlägt, zeigt Katja Aufleger mit ihren schönen materialgefüllten Gläsern, denn in jeder Gefäßkombination sind die Grundmaterialien für je einen Sprengstoff versammelt. Ist der politische Sprengstoff dabei eher ästhetisch sublimiert, setzt sich Youssef Tabti direkt mit der Kolonialgeschichte auseinander und zwar am Beispiel von Swakopmund in Namibia. Martin Meiser präsentiert neben seiner das Beiläufige nobilitierenden Malerei eine der bewährten Kombinationen aus Videoprojektion und Raumbild: Die Betrachter können einer anderen Gruppe beim Betrachten von etwas seltsamen, aber unerkannt Bleibendem zuschauen. Auch Anna Lena Grau kombiniert die Medien und projiziert Malerei in das Innere einer mit Silber ausgeschlagenen Schädelkalotte und präsentiert weitere pseudowissenschaftliche Skulptur-Installationen. Lars Hinrichs zeigt altmeisterliche, gleichwohl seltsame Zeichnungen und Swen Erik Scheuerling bringt in einem Bühnenkasten die quadratlastige Konkrete Kunst zum tanzen.

Kunsthaus Hamburg, Klosterwall 15, Di – So 11 – 18 Uhr. Bis 12. Januar

Ein Insider-Weihnachtsgeschenk könnte der Katalog sein, den die Off-Galerie „nachtspeicher 23“ in St. Georg zum fünften Geburtstag herausgegeben hat. Er enthält Bilder von Ausstellungen seit 2008 und Texte von Gründungsmitgliedern, Künstlern, Anwohnern und Besuchern. Bei über 80 Veranstaltungen hat das Projekt bisher rund 250 Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform geboten. Zur Jubiläumsausstellung mit dem Titel „Gespiegelt“ gibt es Fotografie, Malerei und Objekte von 17 KünstlerInnen: Kathrin Bick-Müller, Melusine Eichhorn, Tobias Giemza, Tomoko Goto, Pia Hodel-Winiker, Rosemary Hogarth, Charlotte Krause, Nasim Naji, Lena Oehmsen, Ulrike Paul, Simon Pfeffel, Christian Schiebe, Michi Schneider, Johannes von Stenglin, Sünje Todt, Holger Trepke und Kim Annika Welling.

nachtspeicher 23 e.V., Lindenstr. 23, Sa + So 15 – 18 Uhr. Bis 5. Januar