Innenminister: diesmal ohne V-Leute

SPITZEL Belege für NPD-Verbotswürdigkeit sollen sauber sein

■ Gründung: 1964

■ Mitglieder: ca 5.700 (Tendenz fallend. 2007 waren es noch 7.000, Höchststand war 1969 mit 28.000)

■ Mandate: 8 Sitze im Sächsischen Landtag (5,6 % der Wählerstimmen), 5 Sitze im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern (6,0 %), kein Sitz im Bundestag (1,3 %), rund 330 kommunale Mandate

■ Bundesvorsitzender: Holger Apfel (MdL aus Sachsen)

■ Zeitung: Deutsche Stimme (Auflage 25.000)

BERLIN taz | An den V-Leuten soll das neue NPD-Verbotsverfahren nicht mehr scheitern. Die Innenminister von Bund und Ländern haben per Unterschrift bestätigt, dass die im Verbotsantrag angeführten Belege keine Zitate von V-Leuten enthalten.

Das erste Verbotsverfahren war 2003 eingestellt worden, nachdem herauskam, dass bis zu 15 Prozent der NPD-Vorstandsmitglieder in Bund und Ländern zugleich als Spitzel für den Verfassungsschutz arbeiteten. Der Vorwurf der NPD, die Spitzel hätten die Partei gesteuert oder Gewalt in sie hinein getragen, ließ sich zwar nicht belegen. Eine Sperrminorität von drei Verfassungsrichtern sah aber in der bloßen Existenz der Spitzel während des Verbotsverfahrens ein „nicht behebbares Verfahrenshindernis“ – schließlich seien solche Spitzel „doppelten Loyalitätsansprüchen“ ausgesetzt: einerseits als führende Parteimitglieder, andererseits als entgeltlich tätige Informationsbeschaffer für den Staat.

Zur Vorbereitung des Verfahrens haben die Innenminister im Dezember 2012 alle Spitzel in den NPD-Vorständen auf Bundes- und Landesebene „abgeschaltet“, also die Zusammenarbeit mit ihnen eingestellt. Seit 2008 waren ohnehin nur noch maximal 6,6 Prozent der Führungsmitglieder als Informanten unter Vertrag, heißt es in dem Antrag.

In einem persönlich unterschriebenen „Testat“ versichern die Innenminister nun, dass die im Antrag persönlich zitierten NPD-Funktionäre (jedenfalls seit 2003) nicht als V-Männer tätig waren. Bei Beschlüssen von Gremien wird versichert, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine V-Leute mitwirkten. Allerdings enthält der Antrag verschiedentlich Äußerungen „unbekannter Autoren“, die auf NPD-Webseiten veröffentlicht wurden. Hier wird nur attestiert, dass zum Zeitpunkt des Online-Abrufs kein V-Mann in der jeweiligen Redaktion tätig war.

Der Bundesrat geht zwar weiter davon aus, dass eine verbotsbedrohte Partei ihre öffentlichen Aussagen bewusst wählt. Dennoch verzichtet der Antrag – um kein Risiko einzugehen – auf Spitzelberichte aus den Hinterzimmern der Partei und beschränkt sich auf öffentlich zugängliche Materialien.

CHRISTIAN RATH