Hotline für Missbrauchsopfer: „Das Ohr für Betroffene“

MISSBRAUCH Bundesbeauftragte startet telefonische Anlaufstelle. Per Post kamen schon 500 Briefe

BERLIN taz | Opfer sexueller Gewalt können sich nun auch telefonisch an die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Christine Bergmann (SPD), wenden. Seit Freitag gibt es eine kostenfreie telefonische Anlaufstelle. „Wir sind keine Opfervertretung, sondern das Ohr für die Anliegen der Betroffenen“, sagte Bergmann. Anrufer würden nicht beraten, aber falls nötig an entsprechende Organisationen verwiesen.

Bislang konnte Bergmann nur schriftlich erreicht werden. Rund 500 Briefe und E-Mails hätten sie erreicht, so Bergmann. Dabei hätten sich mehr Männer als Frauen gemeldet, viele seien in katholischen Institutionen missbraucht worden. „Die meisten Betroffenen haben das Erlebte jahrzehntelang für sich behalten“, sagte Bergmann.

Ein Team aus 65 Fachkräften nimmt die Anrufe der telefonischen Anlaufstelle entgegen. Die Gespräche werden anonym geführt und sollen in die Empfehlungen für die Bundesregierung einfließen. Thomas Schlingmann von der Beratungsstelle Tauwetter begrüßte die telefonische Anlaufstelle, sagte aber, die Missbrauchsbeauftragte dürfe nicht zum Feigenblatt der Bundesregierung werden: „Es muss genug öffentlicher Druck hinter den Ergebnissen sein, dass die Regierung auch darauf reagiert.“

Die Bundesregierung hatte die ehemalige Familienministerin Bergmann Ende März zur Beauftragten für die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs ernannt. Zuvor waren zahlreiche Missbrauchvorwürfe an katholischen Institutionen bekannt geworden. Viele der betroffenen Einrichtungen werden durch den Jesuitenorden getragen. Am heutigen Samstag treffen Ordensvertreter mit Opfern und Betroffenen zu einem „eckigen Tisch“ zusammen. LALON SANDER

Die kostenfreie Hotline ist unter (08 00) 2 25 55 30 erreichbar