Metrolinien rauschen am Ziel vorbei

Im vergangenen Jahr nutzten nur wenig mehr Passagiere das Angebot der BVG – trotz der mit großem Pomp eingeführten Metrolinien. Vorstandschef Sturmowski freut sich dennoch über eine „schwarze Null“ in der Bilanz

Das Ende 2004 gestartete Metrolinienkonzept der BVG hat die Erwartungen enttäuscht. Eigentlich sollten damit deutlich mehr Fahrgäste in Busse und Bahnen gelockt werden. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Fahrgäste jedoch nur geringfügig gestiegen. Im Jahr 2005 registrierte die BVG 906,9 Millionen so genannte Beförderungsfälle. Ein Jahr zuvor waren es noch 906,1 Millionen. Einen deutlichen Sprung hatte es dagegen von 2003 auf 2004 gegeben. Im Jahr 2003 hatten erst 890,3 Millionen Fahrgäste das BVG-Angebot genutzt. BVG-Chef Andreas Sturmowski zog gestern bei der Vorstellung der Jahresabschlusses 2005 dennoch eine positive Bilanz. Das Unternehmen habe faktisch eine „schwarze Null“ erwirtschaftet.

Aufgrund der gestiegenen Benzinkosten und wachsender Tourismuszahlen verwundert der magere Anstieg bei den Fahrgastzahlen. Sturmowski begründete dies mit dem in Berlin generell hohen Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs am gesamten Verkehr. Hier noch aufzustocken, sei nicht einfach. Zudem führe die schwierige wirtschaftliche Lage in der Stadt auch zu weniger Fahrgastbewegungen. Das leuchtet ein: Wer keinen Job hat, bleibt öfter zu Hause; wer wenig verdient, geht öfter mal zu Fuß, anstatt sich ein teures Monatsticket zuzulegen. Allerdings ist die angespannte wirtschaftliche Lage in Berlin kein neues Phänomen.

Insgesamt zog Sturmowski eine positive Bilanz des vergangenen Jahres. Durch den Verkauf des betriebseigenen Wohnungsbestandes habe der Schuldenstand der BVG von etwa 1,2 Milliarden Euro auf rund 800 Millionen Euro gesenkt werden können. Ohne die Zinszahlungen für Kredite von jährlich rund 40 Millionen Euro wäre kein Verlust erwirtschaftet worden. Das Betriebsergebnis habe sich von minus 75,5 Millionen Euro 2004 auf minus 39,1 Millionen Euro im vergangenen Jahr verbessert.

Ausschlaggebend dafür waren der Stellenabbau und deutliche Lohnkürzungen für Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr hatte die BVG rund 11.100 Beschäftigte, 2010 sollen es knapp 10.000 sein. Zum ersten Mal seit Jahren beginnt die BVG sogar wieder, zusätzliche Bus- und U-Bahn-Fahrer einzustellen; knapp 100 sollen es in diesem Jahr werden. Damit will das Unternehmen der Überalterung in diesem Bereich entgegenwirken. Zurzeit liegt hier das Durchschnittsalter bei rund 48 Jahren. Wer neu bei der BVG beginnt, muss aber bescheiden sein. Ein neuer Fahrer erhält zunächst rund 1.600 Euro brutto plus Schichtzulagen.

„Berlin hat ein gut verzahntes ÖPNV-Angebot, das das Funktionieren unserer Stadt garantiert und deren Attraktivität fördert“, so Sturmowski. Mit dem dem vor uns liegenden Fahrplanwechsel biete die BVG einen durchgehenden Nachtverkehr, der sich mit den europäischen Metropolen messen könne. Der öffentliche Nahverkehr sei aber nicht umsonst zu haben. RICHARD ROTHER