Die undogmatische Linke

Seit gut einem Jahr gibt es das Projekt Avanti auch in Berlin. Die undogmatische Linke möchte sich kontinuierlich für linksradikale Politik einsetzen, ohne dabei der Realität feste Schablonen aufzudrücken

„Mach mal los! Vorwärts, voran!“, ruft Anne aus. Die 35-jährige ist Aktivistin bei Avanti Berlin. Sie findet, dass der Name der jungen Berliner Gruppe aussagekräftig genug sei, um auch als Motto herhalten zu können. Seit Anfang 2009 gibt es nun auch eine Avanti-Gruppe in Berlin. Bundesweit besteht Avanti aus insgesamt 8 Ortsgruppen. Mit vollem Namen heißt es: Avanti – Projekt undogmatische Linke. Als Nächstes soll es beim Thema Gentrifizierung vorwärtsgehen.

Die Gruppe ruft für den 8. Mai zu einer Demoparade auf. Das Recht auf Stadt wird eingefordert. Anlass ist die kontrollierte Öffnung des ehemaligen Flughafengeländes Tempelhof. „Wir wollen vom Hermannplatz bis zum Zaun laufen und streifen dabei auch ein paar wichtige Akteure, die in der aktuellen Stadtentwicklung von Neukölln eine Rolle spielen“, erklärt Anne das Konzept. Die Demoparade richtet sich gegen die Pläne, die der Senat für das Flughafengelände Tempelhof hat und ist zugleich Auftakt einer neuen Kampagne, die Avanti zusammen mit anderen Gruppen in einem Bündnis namens „Steigende Mieten stoppen!“ organisiert.

Gentrifizierung ist das Stichwort, ein Schwerpunktthema von Avanti in Berlin. Dabei konzentrieren sich Anne und ihre MitstreiterInnen vor allem auf Neukölln. Hier ist das Thema in den am ehemaligen Flughafen gelegenen Vierteln besonders aktuell. „Wir hoffen, dass sich die betroffenen MieterInnen gegen drohende Mieterhöhungen und Vertreibung zusammenschließen“, sagt Anne. Oli (28), ebenfalls aktiv bei Avanti, schreibt gerade an einer Mietenfibel mit, die in den betroffenen Gebieten Aufklärungsarbeit zum Thema Gentrifizierung leisten soll. „Dabei geht es uns nicht um trockene Theorie, sondern um ganz praktische Tipps und Tricks für MieterInnen“, erklärt Oli. Das Phänomen Gentrifizierung soll anhand konkreter Beispiele erklärt werden.

Beim Thema Gentrifizierung arbeitet Avanti im Bündnis „Steigende Mieten stoppen!“ mit. Bündnisarbeit ist der undogmatischen Linken wichtig. „Gerne auch spektrenübergreifend, wenn die Inhalte stimmen“, erklärt Oli. „Avanti hat den Anspruch, ein verlässlicher Partner zu sein, und möchte kontinuierlich arbeiten“, betont er. Auch das Wort „undogmatische“ im Namen ist ihnen wichtig. „Avanti heißt bewusst Projekt undogmatische Linke, weil es keine ewigen Wahrheiten gibt, sondern die eigenen Inhalte kontinuierlich mit der Wirklichkeit abgeglichen werden müssen“, führt Oli das Selbstverständnis der Gruppe aus.

Auf die Frage, welche Vorstellungen und Forderungen die Gruppe für das Tempelhofgelände hat, antwortet Anne, dass sie persönlich das Konzept eines Gemeinschaftsparks gut findet, vorausgesetzt, er würde von den AnwohnerInnen wirklich selbst gestaltet werden. Aber eigentlich gehe es Avanti vor allem darum, die Frage zu stellen: „Wer bestimmt eigentlich was?“ Die jetzige, von oben initiierte Planung lehnen die AktivistInnen ab. „So wie es der Senat betreibt, ist es sehr intransparent und abgeschlossen“, findet Anne und fordert, „dass die AnwohnerInnen richtig mit einbezogen werden müssen“. Und der Zaun müsse natürlich weg, finden beide. Oli findet es auch verständlich, dass AnwohnerInnen regelmäßig Versuche machen, die Barriere zwischen der Wiese und ihren Wohnungen zu demontieren. „Die AnwohnerInnen wollen sich ja nur aneignen, was ihnen sowieso gehört“, meint er. Und Anne fragt sich: „Welchen Sinn macht der Zaun überhaupt, wenn er doch nur eine öffentliche Wiese und eine Betonlandebahn schützt?“ Die Forderung „Der Zaun muss weg“ wird sicherlich auch am 8. Mai auf der Demoparade zu hören sein. „Wir sind gespannt, ob die TeilnehmerInnen nach der Demonstration auf das Gelände gelassen werden“, so Anne.

Neben Gentrifizierung ist die antifaschistische Arbeit ein weiterer Schwerpunkt bei Avanti Berlin. Ein großer Erfolg für die junge Gruppe waren die Blockaden von Dresden und jüngst in Berlin, die sie aktiv mitgestaltet haben. Die Berliner arbeiten zum Teil auch in den bundesweiten Arbeitsgruppen von Avanti mit, zum Beispiel zum Thema Klimawandel oder Geschlechterverhältnisse. Letztere seien bei Avanti Berlin erfreulich ausgeglichen. Worüber sich Anne ebenso freut wie über den Umstand, dass die Avanti-Gruppe stetig weiterwächst. Neue Menschen seien immer willkommen. Die könnten auch gern neue Themen einbringen. Wichtig ist aber, dass es eine gemeinsame politische Basis gibt. Dafür hat Avanti ein Grundsatzpapier erarbeitet. Wer bei Avanti reinschnuppern möchte, der kann Kontakt über die Website aufnehmen oder zum Beispiel zur Demoparade kommen. JAL

■ 8. Mai, Parade für ein Recht auf Stadt, 14 Uhr, Hermannplatz

■ Im Netz:

www.avanti-projekt.de/berlin