Eine Teewurst als Kündigungsgrund: Der verhängnisvolle Snack

Einer Sozialmitarbeiterin wurde wegen des verbotenen Verzehrs einer Teewurst gekündigt. Nach Medienschelte zieht ihr Arbeitgeber dies zurück.

Den Belag für das Brötchen soll die Pflegerin aus den Kühlschrank genommen haben. Bild: dpa

BERLIN taz | Erst Pfandbons, dann Frikadellen, jetzt wärs beinahe die Teewurst gewesen: Eine neue sogenannte Bagatellkündigung machte Schlagzeilen, diesmal aus Hannover. Eine 41-jährige, körperlich behinderte Pflegerin in einer Einrichtung der Caritas Seniorendienste gGmbH war fristlos entlassen worden. Grund: Sie soll Teewurst gegessen haben, die eigentlich für die Heimbewohner vorgesehen war.

Nicht zuletzt wegen des massiven Medienechos intervenierte nun der Träger des Heims, das Evangelische Johannesstift Berlin, und zog die Kündigung zurück. "Wir sind der einhelligen Meinung, dass wir das Verfahren nicht gut finden", sagt Wolfgang Kern von der Geschäftsführung des Stifts. Die Seniorendienste gGmbH läuft offiziell zwar noch unter dem Namen der Caritas, ist aber im August 2009 zu 90 Prozent vom Evangelischen Johannisstift übernommen worden.

18 Jahre war Sabine T. als Pflegehelferin im Seniorenzentrum St. Martinshof in Hannover-Misburg tätig. Nun war ihr vorgeworfen worden, in der Frühstückspause Teewurst aus dem Kühlschrank genommen zu haben, die eigentlich für die Senioren bestimmt war. Damit soll sie sich im Personalraum ein Brötchen geschmiert haben. Das Brötchen hat sie selbst mitgebracht.

Der Verzehr von heimeigenen Nahrungsmitteln sei ausdrücklich verboten, so Hans-Henning Pflüger, Anwalt der Caritas Seniorendienste gGmbH. Die Klägerseite dagegen bestritt den Vorwurf, die Teewurst sei gestohlen worden. Es sei "gängige Praxis" in solchen Einrichtungen, dass überzählige Nahrungsmittel vom Personal gegessen werden dürften, sagte Rolf Schaefer, Anwalt der Klägerin.

Hans-Henning Pflüger betonte gegenüber der taz, dass es bei der Entscheidung nicht auf den Wert des Schadens ankomme: "Das Vertrauensverhältnis ist dahin." Bei der Kündigung habe es sich um eine mit Blick auf die Zukunft gerichtete "Prognoseentscheidung" gehandelt. Hat sich die Heimleitung keine Gedanken über den Imageschaden gemacht, den ein solcher Fall auslösen könnte? Pflüger dazu: "Es liegt eine wohl abgewogene Entscheidung vor."

Der Trägerverein sieht das anders. Ziemlich kurzfristig habe er von der Entscheidung des Seniorenheims erfahren, so Wolfgang Kern vom Johannisstift: "Wir sehen durchaus kritisch, wie hier verfahren wurde." Die juristische Grundlage dafür wolle er aber nicht absprechen, denn "Diebstahl ist Diebstahl". Für Sabine T. soll nun innerhalb des Trägervereins eine andere Stelle gesucht werden. Kurz vor Weihnachten konnte man so noch einen Skandal verhindern: Nach dem Rummel um Bagatellkündigungen, bei denen Angestellte wegen Pfandbons im Wert von 1,30 Euro und einer Frikadelle entlassen worden waren, wäre eine Teewurst das gefundene Fressen gewesen.

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