„Abgerechnet wird am Ende“

WAHLKAMPF Politologe Lothar Probst hält den Straßenwahlkampf für wichtiger denn je

■ 60, ist Professor am Institut für Politikwissenschaft und Geschäftsführer des Instituts für interkulturelle und internationale Studien der Uni Bremen.

taz: Herr Probst, macht Straßenwahlkampf überhaupt noch Sinn?

Lothar Probst: Auf jeden Fall. Der Wahlkampf „on the ground“, nach dem Vorbild von Barack Obama, ist heute wichtiger denn je. Das haben auch die Parteien in Deutschland erkannt. Es ist zwar wichtig im Netz präsent zu sein, aber man darf den direkten Kontakt mit den Bürgern nicht vernachlässigen.

Heute Abend spricht Peer Steinbrück auf dem Marktplatz. Wer geht denn zu solchen Veranstaltungen?

Die große Mehrheit werden SPD-Anhänger sein, ein kleiner Teil, der noch nicht weiß, was er wählen will und ein paar Neugierige. Außerdem sollte man nicht erwarten bei solchen Wahlkampfveranstaltungen die Jugend anzutreffen. Die Stammwähler der Volksparteien sind in der Regel über 60 Jahre alt.

Sollte die SPD in eigenem Interesse nicht lieber andere Gesichter schicken?

Die Entscheidung für den Kandidaten ist gefallen. Da gibt es kein Zurück mehr. Die Partei kann nicht zwischendurch die Pferde wechseln!

Vor einem Jahr schien Steinbrück in der Bevölkerung noch recht beliebt. Hatten die Wähler ein falsches Bild von ihm?

Sie hatten ein anderes Bild von ihm. Die Affäre um seine Vortragshonorare hat ihm sehr geschadet. Das ist er bis heute nicht mehr los geworden.

Hat die SPD die Wahl schon verloren?

Die SPD wird mit Sicherheit nicht die stärkste Partei, aber der Wahlausgang ist noch offen. Abgerechnet wird am Ende. Ich bin sicher, dass noch Bewegung in die Umfragezahlen kommt.

INTERVIEW: JURIK ISER

Peer Steinbrück, „Klartext Open Air-Tour“: Marktplatz 18 Uhr