Missglückter Waldschutz

KLIMAPOLITIK Australien stellt eines der ersten REDD+-Pilotprojekte in Indonesien ein. Umweltschützer fordern transparente Informationen über die Verwendung der Gelder

Nur 50.000 Bäume wurden gepflanzt, noch weniger wuchsen wirklich an

VON ANETT KELLER

JAKARTA taz | Den Bewohnern des Dorfes Katunjung, die die taz im November 2011 besuchte, kam das Kommen und Gehen der internationalen Berater schon damals suspekt vor. Katunjung liegt in Zentral-Kalimantan, der Pilotprovinz für REDD+ in Indonesien.

REDD+ steht für „Reducing Emissions from Deforestation and Degradation“ – Verringerung von Emissionen aus Abholzung und zerstörerischer Waldnutzung. Staaten und Unternehmen erwarben das Recht zum CO2-Ausstoß durch die Finanzierung von Waldschutzprojekten. In Zentral-Kalimantan versuchte die australisch-indonesische Kalimantan Forest and Climate Partnership (KFCP) auf einer Fläche von 120.000 Hektar REDD+-Pilotprojekte umzusetzen.

Auf Torfmoorflächen im Landkreis Kapuas wollte die KFCP wichtige Erkenntnisse im Kampf gegen den Klimawandel gewinnen. 100 Millionen Bäume sollten über einen Zeitraum von 30 Jahren gepflanzt und damit 700 Millionen Tonnen Kohlendioxidausstoß ausgeglichen werden. Außerdem sollten Entwässerungskanäle in großem Stil blockiert werden.

Die Bewohner von Katunjung, überwiegend Angehörige des indigenen Dayak-Volkes, leben ohne Strom aus der Steckdose. Ihr fließendes Wasser kommt aus dem Kapuas-Fluss vor ihren Pfahlbauten. Es gibt keinen Landweg, der zu ihrem Dorf führt. Seit 2007 hatten sie die teuren Schnellboote der Klimawandel-Experten vorbeiziehen sehen, hatten sich deren Vorträge darüber angehört, warum es so wichtig sei, gerade da, wo sie wohnen, das Weltklima zu retten. Bekannte Politiker hatten die Provinz besucht und mit viel Optimismus in Sachen REDD+ in die Fernsehkameras gelächelt. Doch an den Dorfbewohnern war das Projekt vorbeigeplant worden. Wichtige Informationen hatte man ihnen vorenthalten. Das Ergebnis: Nur 50.000 Bäume wurden gepflanzt, noch weniger wuchsen wirklich an. Auch die Kanäle blieben vielerorts bestehen, weil diese seit Jahren den Wasserweg zu den Kautschukbäumen der Anwohner darstellten.

Nach wachsender internationaler Kritik wurde das Vorzeigeprojekt Ende Juni stillschweigend eingestellt. Auf der Website der KFCP heißt es, „das Projekt“ werde „in seiner derzeitigen Form nicht weitergeführt“. Indonesien und Australien suchten aber nach Wegen, „mit zusätzlicher Arbeit in den nächsten 12 Monaten bessere Erfolge zu erzielen“. Transparente Information sieht nach Meinung von Umweltschützern anders aus. Die australische Regierung solle sich „auf offene und ehrliche Art“ der Öffentlichkeit stellen, fordert die Organisation Friends of the Earth (FoE). „Sich aus einer Investition in Höhe von 47 Millionen Dollar zurückziehen, ohne Rechenschaft abzulegen, wofür dieses Geld verwendet wurde und welche Ergebnisse damit erzielt wurden, ist völlig inakzeptabel“, so Nick McClean, Koordinator für Klimagerechtigkeit bei FoE Australien. Unklar ist nach Aussage von FoE auch, warum im Rahmen von KFCP bei der Beachtung von Indigenen-Rechten eine Weltbank-Leitlinie angewendet wurde und nicht das UN-Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (free, prior and informed consent, FPIC).

„Der Widerwillen der REDD-Partner, die Rechte von Indigenen anzuerkennen, macht REDD in vielen Teilen der Welt problematisch“, so Isaac Rojas von FoE International. „Detailliert zu erörtern, warum das immer wieder so ist, würde helfen, Partnerschaften zu entwickeln, die zu wirklich nachhaltigen Umweltschutzprogrammen führen.“

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