„Katrina“-Video widerlegt Bush

Nach Aufzeichnungen einer Beratung vor dem Wirbelsturm war der US-Präsident über das mögliche Ausmaß der Katastrophe informiert. Das widerspricht seinen Aussagen

WASHINGTON taz ■ Nach zwei widersprüchlichen Regierungsberichten über den Katastrophenschutz vor und während des Hurrikans „Katrina“ ist nun zusätzlich ein Videomitschnitt aus dem Weißen Haus aufgetaucht. Das Material zeigt, dass US-Präsident George W. Bush entgegen seinen ursprünglichen Behauptungen frühzeitig gewarnt worden war. Bush wurde am Mittag des 28. August, einen Tag bevor der Wirbelsturm New Orleans und weite Teile der Südküste der USA verwüstete, vom damaligen Chef der Katastrophenschutzbehörde Fema während einer Videokonferenz über die drohenden Gefahren informiert. Das geht aus der bislang unbekannten Videoaufzeichnung hervor, die US-Fernsehsender am Mittwochabend ausstrahlten.

Das Material zeigt einen ernst schauenden Bush in einem Konferenzraum seiner Ranch. Er sagte den an der Videokonferenz teilnehmenden Verantwortlichen, seine Administration sei „vollständig darauf vorbereitet“ zu helfen, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen. In einer ersten Reaktion sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Trent Duffy, dass sich der Präsident mehrfach eingeschaltet, aber die Entscheidungen auf dem „Schlachtfeld“ seinen Kommandeuren überlassen habe.

Nach Ansicht des Weißen Hauses bestätigt das Video frühere Aussagen, nach denen Bush seit den ersten Stunden der Katastrophe voll und ganz bei der Sache gewesen sei. Mit der tatsächlichen Hilfe sei er dann nicht zufrieden gewesen, sagte Duffy der Washington Post. Das Weiße Haus hatte in der vergangenen Woche selbst einen Untersuchungsbericht vorgelegt. Darin war von gravierenden Fehlern und Versagen die Rede. Insgesamt wurden 125 Verbesserungsvorschläge gemacht.

Nachdem im Februar ein Kongressbericht heftige Kritik am „Katrina“-Management der Administration geübt hatte, behauptete Bush wiederholt, dass niemand das Ausmaß des Wirbelsturms und Brüche in den Staudämmen habe voraussehen können. Das Video belegt hingegen, dass der Direktor des Nationalen Hurrikan-Zentrums, Max Mayfield, ausdrücklich darauf hinwies, dass „Katrina“ viel gefährlicher sei als Wirbelsturm Andrew, der 1992 Florida verwüstete. Mayfield äußerte auch die Sorge, dass die Dämme in New Orleans brechen könnten.

Auch der inzwischen suspendierte Direktor des Katastrophenschutzes, Michael Brown, äußerte auf der Aufzeichnung die Besorgnis, dass die Zahl der Rettungskräfte nicht ausreichen könnte, um tausenden von flüchtenden Menschen zu helfen. Bush versicherte ihm, dass die Regierungsbehörden bestens auf die Zeit während des Sturms und danach vorbereitet seien.

Der demokratische Senator Joseph Liebermann, Mitglied eines Senatskomitees, welches das Katastrophenmanagement nach „Katrina“ untersucht, sagte, dass das Video nur bestätige, was das Gremium herausgefunden habe: Dass die Regierung auf allen Ebenen über das vernichtende Ausmaß des Wirbelsturms vorgewarnt gewesen sei, aber erschreckend wenig unternommen habe, um sich darauf vorzubereiten. ADRIENNE WOLTERSDORF