Nazidemo gestoppt

Gedenken an zerstörte Stadt: In Dresden müssen 4.000 Rechtsextreme auf halbem Weg umkehren

DRESDEN taz ■ In Dresden ist es am Samstag etwa 500 Linksautonomen und anderen couragierten Gegendemonstranten gelungen, den jährlichen Aufmarsch von Rechtsextremisten im Umfeld des Gedenkens an die Zerstörung der Stadt zu stoppen. Nach dem eigentlichen Ende ihrer antifaschistischen Demonstration besetzten die Linken in großer Zahl die historische Augustusbrücke. Besucher der nahe gelegenen „Demokratiemeile“, einer Gegenveranstaltung von mehr als 20 demokratischen Gruppen, schlossen sich an. Der unter schwarzen Fahnen und mit Fackeln marschierende „Trauerzug“ der Rechtsextremisten musste daraufhin auf halbem Wege umkehren und erreichten die Innenstadt nicht.

Unter dem Motto „Kein Vergeben, kein Vergessen!“ hatten sich etwa 4.000 Nationalisten und Freie Kameradschaften aus dem gesamten Bundesgebiet am Landtag eingefunden. Wie in jedem Jahr hatte die „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“ zu einem Trauermarsch für die angeblich mehr als 250.000 Dresdner Opfer aufgerufen. Stunden zuvor demonstrierten bereits in der Einkaufszone der Innenstadt junge Autonome „gegen jeden Geschichtsrevisionismus“. Ihr Protest richtete sich sowohl gegen den deutschen Opferkult der Nazis als auch gegen die offiziellen Gedenkfeiern, die die deutsche Kriegsschuld verharmlosen würden.

Ein starkes Polizeiaufgebot trennte die dicht beieinander liegenden Demonstrationsrouten zunächst erfolgreich. Nach Angaben der linken Gegendemonstranten kam es aber nach der Sitzblockade im Szeneviertel der Dresdner Neustadt zu tätlichen Übergriffen von Rechtsextremen.

Am Abend leuchtete vor der Frauenkirche der aus Kerzen gebildete Schriftzug „Diese Stadt hat Nazis satt“. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges hatten am 13. Februar 1945 britische und amerikanische Bomber die dicht bewohnten Gebiete der Kunststadt fast vollständig zerstört. Heute finden die offiziellen Gedenkfeiern statt.

MICHAEL BARTSCH