Immer mal wieder

„Die Entscheidung“ (20.15 Uhr, ZDF) zeigt erneut, wie wenig sich das ZDF mit seinen Fernsehfilmen traut

Heute Abend im ZDF: mal wieder Jan Josef Liefers, er hat Probleme mit dem Vater, den mal wieder Friedrich von Thun spielt. Ein Unternehmerfamilienschicksal. Es ist sauber gemacht und ehrbar, zumal das „Familiendrama um das Für und Wider einer Herztransplantation bei Kindern trotz illegaler Organherkunft“ (ZDF) im Rahmen des gewiss ebenfalls ehrbaren „Programmschwerpunkts Organspende“ angesiedelt ist. Die großzügige musikalische Untermalung sagt einem, was man fühlen soll, man muss gar nicht hinsehen. Wirklich überhaupt nicht.

„Die Entscheidung“ ist schon wieder ein Quotenkonsensfilme am renommierten Fernsehfilmtermin montags. Wieder einer, bei dem die gute Absicht eingebettet ist in viele Zugeständnisse an das, was das so genannte breite Publikum vermutlich wünscht. Wie neulich der Krimi, in dem Barbara Rudnik in Schwerin einen Doppelmörder ermittelte, während die jüngere Geschichte der Ex-DDR und der DDR Revue passierte.

Als die ARD ihr Programm 2006 vorstellte, sprach Fernsehfilm-Koordinator Ulrich Deppendorf von seinem Sendeplatz als dem „einzigen, der sich mit gesellschaftlichen Problemen befasst“. Am ARD-Mittwoch läuft alles mögliche, MDR-Romanzen, aber auch Relevantes wie „In Sachen Kaminski“. Es gibt auch Filme aus dem „Arbeitermilieu“, zumindest wenn Götz George mitspielt. Am ZDF-Montag spielte George neulich den Straußenfarmer John in Südafrika, in den sich Senta Berger als Gattin eines Golf-Touristen verliebte.

Als das ZDF kürzlich seine Programm 2006 vorstellte, saß Fernsehfilmchef Hans Janke auch auf dem Podium, kam aber gar nicht zu Wort, weil Intendant, Chefredakteur und Programmdirektor sehr wortreich andere Pläne vorstellten. Hinterher im Gespräch sagte Janke den klugen Satz: „Eine Arbeitslosen-Komödie, die misslingt, ist viel schlimmer als keine Arbeitslosen-Komödie“. Und sprach von der Erfahrung, dass Drama ohne Komödien- oder Krimi-Beimischung das Genre ist, „von dem die Menschen am wenigsten wissen wollen“.

Der Montagsfilm, das ist „eine Mischkalkulation wie bei Qualitätszeitungen“, sagt Janke auch und meint den Quotendruck, dem man sich nur ab und zu nicht beugen darf. Das Problem ist bloß, dass das ZDF inzwischen der Sender ist, der an jedem Werktag 90 neue Minuten selbst produzierte Telenovela zeigt und neben vielen anderen Krimis werktäglich einen neuen „Soko“-Krimi, worauf es sich auch viel einbildet. Es produziert erfreulicherweise viel, so viel, dass es seine „Kleinen Fernsehspiele“ montags gegen Mitternacht versendet, selbst dann, wenn sie so zugänglich sind wie „Was lebst Du?“. Was nach Realismus oder gesellschaftlicher Relevanz klingt, fasst das ZDF nur noch manchmal an und kleidet es dann oft in Geschichten, die am besten Rätselkrimis oder romantische Komödien sind.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen wie „Tod eines Keilers“ am nächsten Montag, schon wieder mit Friedrich von Thun. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass dieser sarkastische Genre-Hybrid eine Koproduktion der Schweiz mit der Lisa-Film vom Wörthersee ist. Leicht wird es der Film auch nicht haben, meint Janke. CHRISTIAN BARTELS