„Das geht mal gar nicht“

NATIONALMANNSCHAFT Die Führung des DFB verträgt sich wieder mit Bundestrainer Joachim Löw und Team-Manager Oliver Bierhoff. Der entschuldigt sich und will fürderhin brav sein

„Manchmal liegt das Glück auch darin, etwas Zeit vergehen zu lassen“

DFB-Boss Zwanziger

VON STEFAN OSTERHAUS
UND ANDREAS RÜTTENAUER

Alles wieder gut! Sie haben sich zusammengerauft. Der Theo Zwanziger, der Oliver Bierhoff, der Wolfgang Niersbach und der Joachim Löw, sie haben wieder ein „Vertrauensverhältnis“. Das Wort haben sie alle benutzt, als sie gestern gemeinsam vor die Presse getreten sind, der DFB-Präsident, der Manager der Nationalmannschaft, der Generalsekretär des Deutschen Fußballbundes und der Bundestrainer. Über Vertragsverlängerungen wird nicht mehr gesprochen bis nach der WM.

Merkwürdig betretene Mienen haben die vier gemacht, als die von ihrer erneuerten Männerfreundschaft sprachen. Freude kann anders aussehen. Zwanziger verkniff sich jedes Lächeln: „Es ist ernst“, sagte er und machte noch einmal deutlich, wie schockiert man beim DFB war über das Medienecho, das die geplatzte Vertragsverlängerung mit Löw und Bierhoff ausgelöst hat. Über die Forderung vor allem Bierhoffs, der ein Vetorecht bei der Besetzung der Bundestrainerstelle gefordert hatte, ist er wohl immer noch entsetzt. „Das geht doch mal gar nicht“, habe er sich gedacht, als er davon las.

Stinksauer muss Zwanziger gewesen sein. Umso erleichterter war Bierhoff, dass sich die Zornesfalten auf Zwanzigers Stirn übers Wochenende ein wenig geglättet haben. „Beim Reingehen in sein Büro“ hat er schon gemerkt, dass der Präsi fast schon wieder so war, wie er früher immer zu ihm war, „mit einem offenen Ohr“ und so. Dann hat Bierhoff sich entschuldigt, irgendwie, weil er gesehen hat, dass die Art und Weise, wie er seine Vorstellungen vorgebracht hat, für „Verärgerung“ gesorgt hat und für eine „Verletzung von Gefühlen“. Wie ein Schulbub, der nach einer Standpauke das Rektorenzimmer verlässt, hat er dreingeblickt, der Manager.

Nachdenklich wirkte auch Wolfgang Niersbach. Er brachte sein Entsetzen darüber zum Ausdruck, dass so viele Details aus den Vertragsverhandlungen an die Öffentlichkeit getragen wurden. Einen „Maulwurfbeauftragten“ werde man dennoch nicht installieren, meinte der DFB-General, der sich auch froh darüber zeigte, dass er mit Oliver Bierhoff, dem er einst Skatspielen beigebracht hat, „wenngleich mit geringem Erfolg“, wieder in die Augen sehen kann. Aber wer hat nun gequatscht? Die Süddeutsche hatte geschlossen: „Im Löw/Bierhoff-Lager ist der Informant kaum zu suchen: Warum sollte sich die Gruppe mit unvorteilhaften Details aus dem eigenen Forderungskatalog erst öffentlich unter Druck setzen und dann von jenen Medien attackieren lassen, die sie zuvor selbst mit den pikanten Details versorgten?“ Doch auch Zwanziger, der seinen Bundestrainer ja so sehr mag („Die Mannschaft braucht diesen Trainer“), dürfte wenig daran gelegen haben, seinen Jogi zu verprellen.

Dass Bierhoff das Problem der letzten Tage war, wurde auch am Dienstag deutlich. Bisher war sein mitunter selbstherrliches Auftreten moniert und teilweise belächelt worden. Und auch wenn Bierhoff und Niersbach sich wie die dicksten Freunde gerierten, ist nicht auszuschließen, dass stimmt, was diverse Kommentatoren angedeutet haben. Niersbach gehört demnach zur Bierhoff-Opposition. Tatsächlich ist nicht auszuschließen, dass sich der Manager und der Generalsekretär irgendwann einmal ins Gehege kommen könnten. Früher war der Generalsekretär zuständig für die Nationalelf und die Bundesliga. Die Liga ist durch die Abspaltung der DFL weggefallen, bleibt die Nationalmannschaft. Kollisionen sind programmiert, wenn Bierhoff sich zusätzliche Kompetenzen sichern will. Aber darüber soll ja nun erst mal nicht mehr gestritten werden. DFB-Präsi Zwanziger sagt auch, warum: „Keiner hat das Recht, ein Szenario zu liefern, das der Mannschaft das Recht gibt, sich aus der Verantwortung herauszustehlen.“ Aha.

Und der Bundestrainer? Der saß neben den drei anderen und wirkte so, als ginge ihn das alles eigentlich gar nichts an. Der Streit um die Vertragsverlängerung, in dessen Mittelpunkt zunächst er stand, hat sich verlagert in den letzten Tagen. Bierhoff ist der Böse, seine Aufgaben im DFB undefiniert, seine Forderungen anmaßend und seine Beteiligung an einer Agentur, die im Fußballbereich ihre Geschäfte macht, verdächtig. Jogi ist wieder der Gute – und zweifelsohne derzeit unantastbar. Er weiß, dass er bis zur Weltmeisterschaft unter dem besonderen Schutz des Präsidenten steht. Und danach? Löw jedenfalls sagte ganz entspannt: „Man wird dann sehen.“ Und Zwanziger: „Manchmal liegt das Glück auch darin, etwas Zeit vergehen zu lassen.“