Palast soll fallen, Gras soll wachsen

Der Bundestag bestätigt den Abriss des „Palastes der Republik“ in der Berliner Mitte – trotz aller Einwände von Linken und Grünen. Bis dort ein Neubau mit Barockfassade entsteht, werden die Berliner viele Jahre lang auf eine Rasenfläche blicken

AUS BERLIN UWE RADA

Am Ende schrumpften die Argumente zu Schlagworten. Wolfgang Börnsen (CDU) meinte: „Einen Bestandsschutz für eine geschichtslose Ruine darf es nicht geben.“ Anna Lührmann von den Grünen hielt dagegen: „Sie haben die Wahl zwischen einem Luftschloss und einem lebendigen Kulturpalast.“ Der Bundestag hat diese Wahl entschieden. Eine Mehrheit von 431 Abgeordneten aus CDU/CSU, SPD und FDP votierte für den endgültigen Abriss des Palasts der Republik, 120 stimmten dagegen, 18 enthielten sich. Alle Bemühungen von Grünen und Linkspartei, wenigstens ein Abrissmoratorium zu erwirken, sind gescheitert.

Dabei schien noch am Vortag etwas Spannung in die Diskussion gekommen zu sein. Ausgerechnet Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte per Zeit-Interview mitteilen lassen, dass mit dem Neubau des Humboldtforums samt barocker Fassade des ehemaligen Hohenzollernschlosses frühestens 2012 begonnen werden könne.

Damit widersprach Tiefensee nicht nur seinem Vorgänger Manfred Stolpe, der vor einem halben Jahr noch einen Baubeginn für 2007 angekündigt hatte. In die Parade fuhr Tiefensee auch dem Berliner Senat, der nichts so sehr fürchtet wie eine Rasenfläche in der Stadtmitte, die vom Provisorium zum Dauerzustand wird. Mehr als eine „Humboldtbox“ hat Berlins Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer nämlich noch nicht in der Tasche für die Riesenbrache zwischen Alexanderplatz und dem Boulevard Unter den Linden. Für eine Leerstelle von sechs Jahren ganz schön wenig.

Gleichwohl hatte die Berliner Senatorin in den vergangenen Wochen auf den Abriss gedrängt. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung im Bundestag hatte Junge-Reyer die Abrissvorbereitungen vorangetrieben. In der nächsten Woche soll es mit der Aufstellung des ersten Drehkrans losgehen. Zu Ostern 2007 soll der „Rückbau“ beendet sein. 12 Millionen Euro wird das Vorhaben kosten, wenn es keine unvorhergesehenen Probleme gibt. Das aber kann niemand ausschließen. Schließlich stand der „Erichs Lampenladen“ genannte Palast auf einer riesigen Betonwanne, die eigens mit einem Sand-Wasser-Gemisch verfüllt werden muss. So will man verhindern, dass die Wanne auftreibt und womöglich den benachbarten Berliner Dom in den sprichwörtlichen Berliner Sumpf versenkt.

Mit solchen Details aber hat sich der Bundestag gestern nicht beschäftigt. Auch nicht mit der Finanzierung für den Neubau. Dabei hatte Bauminister Tiefensee am Vortag auch hier Klartext gesprochen. Egal, ob dieser Neubau nun 670 Millionen oder 1,2 Milliarden Euro kosten soll – „drei Viertel wird der Bund tragen, ein Viertel das Land Berlin“.

Womöglich ist da aber schon die Rechnung ohne Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gemacht. Bislang nämlich verkündete der, Berlin werde sich an den Kosten für ein Schloss nicht beteiligen.