Legenden-Wannabes

Dass Max Prosa jemals mit Bob Dylan verglichen wurde, hatte vor allem mit Äußerlichkeiten zu tun: Locken, Halstuch und Poetenpose. Seine poetischen Bemühungen, das beweist Max Prosa mit seinem zweiten Album „Rangoon“, deuten weniger darauf hin, dass er einmal eine Singer-Songwriter-Legende oder Literaturnobelpreiskandidat wie Dylan werden könnte. Denn auch wenn Prosas Band wieder souverän ihren entspannt swingenden Folk-Rock spielt und der Sänger Prosa mit durchaus einprägsamer Quengelstimme intoniert, wiederholt der Texter Prosa doch die Fehler, die er schon auf dem Debütalbum „Die Phantasie wird siegen“ begangen hat.

Schon die ersten Zeilen des Eröffnungssongs „Der Clown“ knirschen: „Die Vorstellung beginnt / Im Herzen sind wir Kind.“ Als wäre die Metapher Zirkus nicht ausgelutscht genug, werden auch noch naive Kinderherzen beschworen. So geht es fröhlich weiter mit schiefen Bildern und offensichtlichen Reimen. Prosa singt „Sehnsucht schürt die Glut“ oder „die Zukunft ist verbaut, wohin man auch schaut“, und vergisst, dass sich große Gefühle auch gut mit einfachen Worten ausdrücken lassen.

Da ist Lasse Matthiessen cleverer. Bis zum achten und letzten Song seines neuen Albums wartet er mit den Zeilen, die zu einem Kalauer herausfordern: „This is the place where the silence begins“, singt er, und weil „Carry Me Down“ dann gleich vorbei ist, muss er sich nicht fragen lassen, ob es nicht besser gewesen wäre, gleich von Anfang an zu schweigen. Aber tatsächlich ist dieses Album auch ein Versuch, zu untersuchen, wie leise Musik werden kann, ohne vollkommen zu verstummen.

Um dieses Experiment durchzuführen, ist der in Berlin lebende Däne mit seinen Musikerkollegen Ian Fisher und Halla Nordfjörd nach Norwegen gereist. In einer abgelegenen Hütte entstanden dann Songs, in denen die Gitarre denkbar dezent vor sich hin klimpert, ganz vorsichtig, aber wunderschön gesungen wird und manchmal auch eine zweite Gitarre, eine Harfe oder gar ein Glockenspiel mittun darf. Knapp über der Hörgrenze entsteht so eine hübsche Melancholie, die allerdings bisweilen ins Tragische kippt, wenn Matthiesen meint, in Stücken namens „Tonight, We Drink To Die“ weltbewegende Botschaften wie „Na Na Nanana Nanana“ mitteilen zu müssen. So wird das nichts mit dem Nobelpreis. THOMAS WINKLER

■ Lasse Matthiessen: „Carry Me Down“ (Solaris Empire/Broken Silence), Record-Release-Party, 16. 5., Nordische Botschaften

■ Max Prosa: „Rangoon“ (Zughafen/Columbia/Sony), 17. 5., Heimathafen Neukölln