Kaum einer will noch Organe spenden

FILZ Die Deutsche Stiftung Organtransplantation reagiert auf die Organspende-Skandale der letzten Zeit, indem sie sich etwas öffentlich-rechtliche Kontrolle gönnt. Sie bleibt aber eine privatrechtliche Stiftung

BERLIN taz | Die Zahl der Organspender ist im ersten Quartal 2013 erneut dramatisch gesunken – um 18 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr. Dabei galt bereits 2012 mit insgesamt nur 1046 Spendern, denen nach dem Tod Organe zur Verpflanzung entnommen werden durften, als Tiefstand. „Das System ist beschädigt“, konstatierte der Interimsvorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Rainer Hess, am Mittwoch in Berlin.

Die Skandale an vier Transplantationskliniken, aber auch die Vorwürfe wegen schlechter Führung, Intransparenz und Misswirtschaft gegen die DSO hätten das Vertrauen geschwächt. 2013 müsse „ein Jahr der Strukturveränderung“ werden, sagte Hess, angefangen bei der DSO: Die als unkontrollierbar und demokratisch nicht legitimiert gescholtene Organisation, verantwortlich für die Koordinierung der Organspenden, bleibe zwar eine privatrechtliche Stiftung. Sie werde aber per Satzungsänderung „stärker öffentlich-rechtlich ausgerichtet“.

Aufsicht statt Lobbyisten

Künftig muss die DSO ihren Wirtschaftsplan erstmals vom Stiftungsrat genehmigen lassen. Der jährliche Geschäftsbericht wird auf der DSO-Homepage veröffentlicht. Beschränkt werde der Einfluss von Lobbyisten: Im Stiftungsrat säßen künftig nur noch zwei statt bisher drei Vertreter der Deutschen Transplantationsgesellschaft, einer medizinischen Fachgesellschaft, deren Chirurgen ein hohes ökonomisches Interesse an Organen haben. Die übrigen zwölf Mitglieder würden nicht mehr nach Zufallsprinzip oder persönlicher Bekanntschaft rekrutiert, sondern aus „mehrheitlich öffentlich-rechtlich strukturierten Institutionen“: jeweils zwei stimmberechtigte Mitglieder entsenden die Bundesärztekammer, die Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der Krankenkassen.

Das Bundesgesundheitsministerium und die Gesundheitsministerkonferenz, also die Länder, schicken je zwei weitere stimmberechtigte Mitglieder. Patientenvertreter bekommen mit zwei Sitzen mehr Gehör, aber kein Stimmrecht.

„Wir spielen mit offenen Karten“, sagte Hess, der sich als ehemaliger Unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses einen Ruf als unbestechliche Autorität erworben hat. Um sicherzustellen, dass künftig in allen Regionen einheitliche medizinische Standards angewendet würden, etwa bei der Hirntoddiagnostik, werde ein zwölfköpfiger Fachbeirat geschaffen mit Experten aus der Transplantations- und Intensivmedizin. Hess versprach zudem ein Transplantationsregister. In dem würden alle Daten rund um Organentnahme, -verpflanzung und -nachsorge zusammengeführt, um die Qualität von Transplantationen messen zu können.

HEIKE HAARHOFF

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