Streit der Woche zu Gewalt im Fußball: "Bastelstuben für Ultra-Fans"

Der Fußball braucht eine Friedensbewegung, sagt Polizeigewerkschafter Rainer Wendt und fordert mehr Fan-Überwachung. St.Pauli-Urgestein Sven Brux schimpft ihn einen "Repressionsfanatiker".

Rostock versus Pauli: Na, kriegen Sie Angst? Bild: dpa

BERLIN taz | Rainer Wendt, Leiter der Deutschen Polizeigewerkschaft, fordert, dass bei Fußballspielen künftig die Namen der Ticketkäufer erfasst werden. In Kombination mit einer „ordentlichen Videoüberwachung“ könnten Randalierer so „schnell und wirksam“ von den Stadien fern gehalten werden, schreibt er im Streit der Woche in der sonntaz.

Am vergangenen Wochenende kam es im Berliner Olympia-Stadion zu Fan-Ausschreitungen nach einer Niederlage von Hertha BSC: Rund 150 Zuschauer stürmten das Spielfeld und schlugen mit Holzlatten um sich. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen kritisiert Wendt die Fanprojekten des Deutschen Fußball Verbands: „Der DFB muss sich fragen, ob es nicht auch Aktionismus ohne Sinn gibt, wenn Geld für Bastelstuben von Ultra-Fans ausgegeben wird.“

Ralf Zänger Chef der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte, findet diese Kritik "unverschämt". Er sieht keinen Bedarf für eine Friedensbewegung und betont, dass die zahlreichen Fanprojekte der Vereine effektiv und gut vernetzt Gewaltprävention betreiben würden.

Gefallen an der Idee einer Friedensbewegung für den Fußball findet Sven Brux, Sicherheitschef und Urgestein des für seine linkspolitischen Fans bekannten Hamburger Fußballclubs FC St.Pauli. Mit den Forderungen von Rainer Wendt will Brux jedoch nichts zu tun haben. Er nennt den Polizeigewerkschafter im Streit der Woche einen „Repressionfanatiker“. Randalierenden Fans widerum attestiert Brux einen „fragwürdigen Ehrbegriff und pubertierendes Revierverhalten“. Mit Blick auf die Friedensbewegung in den 1980ern schreibt Brux in der sonntaz: „Genau wiedamals braucht es heute vernünftige Menschen mit der Fähigkeit zur fairen Analyse, die den schlingernden Fußballzug wieder aufs Gleis heben.“

"Fußball 2.0 braucht keine Friedensbewegung. Fußball ist kein Krieg, sondern Wettkampf. Er lebt von Sieg und Niederlage. Von Gerechtigkeit und Fehlentscheidungen. Von Euphorie und Schmerz", findet Okka Gundel, ARD-Sportschau-Moderatorin. Sie hält es für schwierig, Fans beizukommen, die "Kleinkriege" führten: "Da hilft keine Friedenbewegung und keine Gehirnwäsche oder vornehm ausgedrückt, kein Resozialisierungsprogramm. Bei dieser Spezies bleibt Friedensbewegung für immer ein Fremdwort."

Vor allem in den unteren Fußballligen hat die Gewaltbereitschaft der Fans in den vergangenen Jahren zugenommen, wie Zahlen der Polizei belegen. Bei manchen dritt- oder viertklassigen Vereinen müssen an den Spieltagen hunderte Polizisten anrücken, um für Sicherheit rund um die Partien zu Sorgen. Dass auch Bundesliga-Stadien keine Horte des Friedens sind haben die Auschreitungen in Berlin gezeigt.

Im Streit der Woche diskutieren außerdem RBB-Sportmoderatorin Sarah Beckmann, Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg und Ina Weigelt, Sozialwissenschaftlerin und Autorin des Buchs „Die Subkultur der Hooligans“.

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