Medien und Internet: Macht mal, Google zahlt

Der Suchmaschinenkonzern Google investiert jetzt auch in Journalismus: Mit 150 Millionen Euro fördert er acht Zeitungsverlage aus ganz Europa.

Ah, sehr gut, Redakteur Google ist schon am Platz. Bild: Reuters

Die deutschen Verlage lassen sich zurzeit schön in zwei Lager einteilen: Die einen wollen etwas von Google, die anderen kriegen etwas von Google. Das ist die Kurzvariante.

Die Langvariante kam am Dienstag aus London. Dort verkündete Carlo D'Asaro Biondo, Googles Verantwortlicher für strategische Beziehungen in Europa, dass sein Unternehmen mit acht europäischen Verlagen, darunter der FAZ, Zeit, Guardian und Financial Times aus Großbritannien, La Stampa aus Italien und Les Echos aus Frankreich, zusammenarbeiten will.

Der Plan: Eine Arbeitsgruppe der acht Verlage soll über die Zukunft des Onlinejournalismus sprechen, also über Paid Content, Werbung, Nachrichtensuche bei Google News. Man wolle „Hand in Hand mit Zeitungsverlagen und Branchenverbänden zusammenarbeiten, um dabei zu helfen, nachhaltigere Nachrichtenmodelle zu entwickeln“, sagte D’Asaro Biondo.

„Hand in Hand“, wie ein verliebtes Pärchen. 150 Millionen Euro bläst Google dafür über drei Jahre in die Branche, auch an Medienhäuser und Start-ups, die bisher noch nicht beteiligt sind. Außerdem sollen Google-Mitarbeiter Journalisten schulen. Google also, der große Zampano, auf der Suche nach dem Journalismus von morgen – zumindest für die einen.

Konkurrenzkampf mit Facebook

Die anderen, das sind Axel Springer, Burda und die Funke Mediengruppe, vereint in der VG Media, die seit Jahren mit Google streiten. Sie sind der Meinung, dass Google ihnen die sogenannte Snippets, die kurzen Auszüge in der Nachrichtensuche, bezahlen sollte. Wie absurd diese Forderung ist, zeigt das krüppelige Leistungsschutzrecht, in dem der Streit gemündet ist.

Nun hat sich also Google die Verlage geangelt, die weniger gestänkert haben. Prinzipiell sei die Kooperation aber für jeden offen, heißt es im Blogpost von Google. Google sucht Frieden – und Partner im Konkurrenzkampf mit Facebook, das kürzlich auch ins Newsgeschäft eingestiegen ist. Die Verlage wiederum profitieren vom Input und vom Geld, das Google gibt.

Also alles schön? Bei weitem nicht. Acht große Verlage lassen sich von Google beraten, schulen und neue Projekte bezahlen – wo bleibt da die journalistische Unabhängigkeit? Die sei in keinster Weise gefährdet, heißt es aus der Pressestelle der Zeit. Geschäftsführung und Redaktion seien schließlich unabhängig.

Qualitätsmedien halten Distanz, außer bei Google

Sicher, Verlage holen sich für die unterschiedlichsten Belange Unternehmen ins Haus und können trotzdem kritisch über sie berichten: die Reinigungsfirma, die die Redaktionsräume putzt, die Unternehmensberatung, die die Bilanzen poliert. Google ist in diesem Fall so etwas Ähnliches wie eine Unternehmensberatung: Die Verlage kommen nicht voran mit ihren Onlinestrategien, also hilft Google nach. Der Unterschied ist nur: Google ist ein riesiger Informationsdienstleister.

Wie wäre es denn, wenn, sagen wir, Samsung die Weiterbildung der Chip-Redakteure anbietet? Oder Audi das neue Ressort der Autobild finanziert? So weit hergeholt ist das nicht, gerade in diesen beiden Bereichen sponsern Unternehmen gern Reisen und Recherchen. Kritische Berichte sucht man dann allerdings vergeblich. Qualitätsmedien heißt es, gehen solche Deals nicht ein. Qualitätsmedien halten Distanz zu Unternehmen. Offenbar gilt das nicht, wenn Google anklopft.

Die Presse kämpft längst gegen sinkendes Vertrauen ihrer Leser. Die Vorwürfe der Ulfkottes und Co, Journalisten seien gekauft, wabern über Pegida-Demos, durch Blogs und Kommentarspalten der Nachrichtenseiten. Diese Skeptiker und Verschwörungstheoretiker werden sich über die Kooperation von Verlagen mit Google sicher freuen.

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