Bundestag pfeift auf den Palast

Die letzten parlamentarischen Initiativen, den Abriss des Palastes der Republik doch noch abzuwenden, scheitern im Bundestagskulturausschuss. Nun bleibt eine Gnadenfrist bis zum 18. Januar. Dann stimmt das Parlament erneut ab

Die Tage des Palasts der Republik sind endgültig gezählt. Im Bundestagsausschuss Kultur und Medien scheiterten die Fraktionen der Linken und der Grünen am Mittwochabend mit ihren Anträgen, den vollständigen Stopp der Abrisspläne beziehungsweise zumindest ein Moratorium zu erwirken. Auch in der entscheidenden Abstimmung im Bundestag am 18. Januar wird – so viel ist sicher – die satte Stimmenmehrheit der großen Koalition zu keinem anderen Ergebnis führen.

Schon vor der Beratung der Anträge hatten sich einige Sitzungsteilnehmer klar in der Abrissfrage positioniert. Der neue Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) schob allen Gedankenspielen einen Riegel vor, indem er auf die geltende Beschlusslage verwies. Wünschenswert sei eine Form der Bebauung, „die der historischen Mitte Berlins Rechnung trägt“. Ähnlich äußerte sich seine Parteifreundin Monika Grütters, die zudem harsche Kritik an manchen Formen der kulturellen Zwischennutzung übte: So seien Dartpfeile-Werfen auf Politikerbilder oder Indoor-Bootsfahrten weder originell noch förderungswürdig.

Andere Abgeordnete zeigten sich hingegen darüber enttäuscht, dass die symbolisch aufgeladene Debatte um das ehemalige Parlamentsgebäude der DDR zu ideologischen Verhärtungen geführt habe. Den Vorwurf, die Zwischennutzung des maroden Gebäudes erzeuge nur zusätzliche Kosten, nannte Grietje Bettin (Grüne) gegenüber der taz „ein fieses Totschlagargument“. Denn noch sei ja gar nicht ersichtlich, mit welchem Finanzbedarf eine erneute Bebauung überhaupt angegangen werden könne.

Im Hinblick auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, die nur eine teilweise öffentliche Nutzung eines Schlossneubaus sinnvoll erscheinen lässt, sagte Bettin: „Wenn sich die Rahmenbedingungen bei einem solchen Vorhaben ändern, dann muss die Politik doch die Chance haben, zu intervenieren. Warum brauchen wir denn dort ein neues Hotel?“

Dass es zu einem Umdenken in der Nutzungsfrage kommen könnte, wollte indes Monika Griefahn (SPD) nicht vollständig ausschließen. Nach jetzigem Sachstand müsse man damit rechnen, dass der Abriss nur sehr langsam und peu à peu erfolgen könne. Zeit genug also, sich über den Sinn des Ganzen noch reichlich Gedanken zu machen.

Kritik an der Entscheidung des Bundestagsausschusses kommt auch von der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Die Ablehnung eines Moratoriums zeuge „von einem hohen Maß an Realitätsferne und Verstocktheit“ der Mehrheitsfraktionen, sagte gestern Kulturexpertin Alice Ströver. Selbst eingefleischten Schloss-Befürwortern seien inzwischen die Argumente für den schnellen Abriss ausgegangen. Sie konnten weder den Spendenanteil für den Wiederaufbau eines Gebäudes mit der historischen Schlossfassade aufbringen, noch hätten der Bund oder das Land Berlin die Finanzierungsmodalitäten für die Gestaltung des Areals geklärt. JAN ENGELMANN

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