Sigmar Gabriel reist nach Saudi-Arabien: Mut vor dem Königsthron gefordert

Wirtschaftsminister Gabriel reist nach Saudi-Arabien. Er soll sich dort auch für den inhaftierten Blogger Raif Badawi einsetzen.

Ensaf Haidar, Ehefrau des verurteilten Bloggers, hat Gabriel um Hilfe gebeten. Bild: dpa

BERLIN taz | Am Samstag bricht Bundeswirtschaftsminister Gabriel zu einer viertägigen Reise nach Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar auf. Gabriel wird von 140 Unternehmern begleitet und will vor allem im Energiebereich enger mit den Saudis zusammenarbeiten, die viel Öl und Gas haben. „Sie helfen uns dabei, unsere Abhängigkeit von einzelnen Lieferstaaten zu verringern“, sagte Gabriel mit Blick auf Russland.

Doch verschiedene Seiten drängen den Vizekanzler, in Saudi-Arabien auf die Einhaltung von Menschenrechten zu pochen. Amnesty International, der Journalistenverband „Reporter ohne Grenzen“ und verschiedene Online-Petitionen machen sich schon seit Wochen für den zu Haft und Stockschlägen verurteilten Bloggers Raif Badawi stark. Auch dessen Ehefrau Ensaf Haidar, die seit Badawis Verhaftung 2012 mit den gemeinsamen Kindern in Kanada lebt, richtete einen eindringlichen Appell an Gabriel, sich für ihren Mann einzusetzen. Sie hofft, dass ihr Mann nach seiner Freilassung von Saudi-Arabien nach Kanada ausreisen kann.

Badawi war im vergangenen September wegen angeblicher „Beleidigung des Islams“ zu tausend Stockhieben sowie zehn Jahren Haft verurteilt worden. 50 Hiebe musste er am 9. Januar vor einer Moschee in der Hafenstadt Dschiddah erdulden. In den folgenden Wochen wurde die weitere Vollstreckung des Urteils ausgesetzt. Zunächst gaben die Behörden dafür gesundheitliche Gründe an, später gar keine mehr. Unterstützer befürchten aber, dem Blogger könne noch einmal wegen „Abkehr vom Islam“ der Prozess gemacht werden. Von diesem Vorwurf war er 2013 schon einmal freigesprochen worden.

In Saudi-Arabien werden Vergewaltigung, Mord, Raub, Drogenhandel und „Abkehr von der Religion“ mit dem Tod bestraft. Schon vor dem Tod des langjährigen Königs Abdallah vor sechs Wochen haben die Hinrichtungen zugenommen, berichtet Amnesty International. Mit den Exekutionen eines Vergewaltigers und zweier Mörder auf drei verschiedenen öffentlichen Plätzen am Dienstag sei die Zahl der Hinrichtungen in diesem Jahr bereits auf 38 gestiegen.

Seit dem vergangenen Jahr hat das Königreich außerdem die Verfolgung von Onlineaktivisten verschärft, Hunderttausende Internetseiten wurden gesperrt. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" steht das Land auf Platz 164 von 180 Ländern. Auch Badawi werden seine kritische Onlinekommentare zur Last gelegt. Amnesty wirft den westlichen Regierungen vor, Riad wegen seiner politischen Bedeutung zu schonen. Es werde „mit zweierlei Maß gemessen“, kritisiert die Menschenrechtsorganisation.

Die Rechte des Einzelnen

Gabriel hat auf die Forderungen zum Teil schon reagiert. Ohne den Fall Badawi direkt zu erwähnen, sagte der SPD-Chef am Mittwoch bei einer Energietagung in Berlin im Beisein des saudischen Ölministers Ali al-Naimi, er sei der Überzeugung, dass ein Staat die Rechte des Einzelnen respektieren und verhältnismäßig agieren sollte.

Wenn es zwischen Deutschland und Saudi-Arabien eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ geben solle, müsse auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte geachtet werden. Das sei für ihn und die Bürger in Deutschland ein Schlüsselfaktor, sagte er. Zugleich dankte er den Saudis für ihre Beteiligung an der internationalen Anti-Terror-Allianz gegen die islamistische Terrormiliz „Islamischer Staat“.

Der saudische Ölminister Al-Naimi sagte, sein Land wolle vor allem bei Erneuerbaren Energien mit deutschen Firmen ins Geschäft kommen. Saudi-Arabien ist seit Jahren auch einer der größten Abnehmer deutscher Waffen. SPD-Chef Gabriel hat aber angekündigt, in Zukunft weniger Rüstungsexporte in die Golfregion genehmigen zu wollen.

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