Flucht vor der Abschiebung: Deutlich mehr Kirchenasyl

Die Zahl der Kirchenasyl-Falle ist gestiegen. Aus der CDU kommt Kritik an den Religionsgemeinschaften: Sie stellten sich über geltendes Recht. Die SPD sieht das anders.

Der Jenaer Pfarrer Gotthard Lemke mit einem afghanischen Flüchtling im Kirchenasyl. Bild: dpa

BERLIN kna | Trotz der Kritik durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist die Zahl der Kirchenasyl-Fälle deutlich gestiegen. Wie die „Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche“ auf Anfrage der Zeitung Welt mitteilte, gibt es derzeit 226 Kirchenasyle mit mindestens 411 Personen. Im Vergleich zum Vormonat bedeutet dies ein Plus von 13 Prozent. Die Steigerung seit Anfang 2014, als die Arbeitsgemeinschaft 34 Kirchenasyle zählte, beträgt rund 500 Prozent.

Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft handelt es sich bei 187 von 226 Kirchenasylen um sogenannte Dublin-Fälle, bei denen es um die Rücküberführung von Menschen in jene EU-Mitgliedsstaaten, die laut Dublin-Verordnung für das jeweilige Asylverfahren zuständig sind.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hatte die Praxis des Kirchenasyls zuletzt scharf kritisiert und den Kirchen vorgeworfen, sie versuchten sich, über staatliches Recht zu stellen. Beim Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften von Abschiebung bedrohte Asylbewerber auf.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder (CDU), bekräftigte die Kritik des Bundesinnenministers am Handeln der Kirchen: „Ich finde es grundsätzlich problematisch, wenn Gruppen in einem demokratischen Rechtsstaat meinen, sich über das geltende Recht stellen zu können. Das gilt genau so für Kirchen und andere Religionsgemeinschaften“, sagte Schröder.

SPD verteidigt die Kirchen

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner verteidigte die steigenden Fälle des Kirchenasyls: „Die Kirchen gehen verantwortungsvoll mit dem Kirchenasyl um“, so Stegner. Man wisse auch, dass das Handeln der Kirchen meistens zu einem guten Ergebnis führe. „Natürlich gibt es nicht zweierlei Recht. Dennoch tut der Staat gut daran, sich bei diesem Thema zurückzuhalten“, mahnte der SPD-Vize an. Stegner äußerte zudem Kritik an de Maizière. Es sei der Sache nicht dienlich gewesen, das Kirchenasyl mit der islamischen Scharia zu vergleichen.

In dieser Woche treffen sich bei einem Spitzengespräch Kirchenvertreter mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.