Strafen für Unternehmen: Knast bitte schön auch für Konzerne

Die SPD forderte einst ein Unternehmensstrafrecht, um kriminelle Geschäftspraktiken zu ahnden. Nun stellt sie den Justizminister. Doch er zögert.

Die HSBC hat Beihilfe zu Steuerhinterziehung und Geldwäsche geleistet, kann dafür aber nicht bestraft werden. Bild: ap

FREIBURG taz | Nur ein Beispiel: Die Schweizer Skandalbank HSBC hat systematisch Beihilfe zu Steuerhinterziehung und Geldwäsche geleistet. Aber sie kann nicht dafür bestraft werden, höchstens mit einer Buße belegt. Nun fordert der Bund Deutscher Kriminalbeamter, dass solche Institute aufgelöst werden können müssen. Er knüpft damit an die Debatte über ein Unternehmensstrafrecht an, die in Deutschland kaum vorankommt.

Anders als in den meisten europäischen Nachbarländern ist das hiesige Strafrecht bislang streng auf individuelle Menschen ausgerichtet. Nur sie können Schuld auf sich laden, Gerichte nur gegen konkrete Manager Geld- oder Freiheitsstrafen verhängen. Bei Konzernen und anderen juristischen Personen ist es nur möglich, illegale Gewinne abzuschöpfen oder Geldbußen nach dem Ordnungswidrigkeiten-Gesetz zu verhängen – maximal 10 Millionen Euro.

Ob das so bleiben soll, ist umstritten. Die SPD hat im letzten Bundestagswahlkampf ein Unternehmensstrafrecht gefordert, „damit auch die Aktionäre einer Bank die Folgen krimineller Geschäftspraktiken zu spüren bekommen“, so SPD-Chef Sigmar Gabriel. Das rot-grün regierte Land NRW und sein SPD-Justizminister Thomas Kutschaty haben sogar einen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach sollen Geldstrafen für Unternehmen bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes betragen können. Auch der Ausschluss von Subventionen und von öffentlichen Aufträgen soll möglich werden. Höchststrafe wäre die Auflösung des Unternehmens.

Es geht nicht um neue Delikte, sondern um neue Sanktionen für bekannte, also etwa Betrug, Steuerhinterziehung, Bestechung und Umweltstraftaten. Die anderen Bundesländer unterstützen den NRW-Vorstoß mehrheitlich. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist vorgesehen, zumindest die Idee des Unternehmensstrafrechts zu prüfen.

Viel Widerstand gegen Unternehmensstrafrecht

Doch es gibt auch viel Widerstand: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag kritisierte eine „Tendenz zur Kriminalisierung von Unternehmen“. Der Verband der Familienunternehmer hält das Vorhaben für verfassungswidrig. Und die Union lehnt es ebenfalls ab: „Das Unternehmensstrafrecht könnte dazu führen, dass Arbeitnehmer mit einem Arbeitsplatzverlust für das Fehlverhalten von Managern haften“, sagt der Abgeordnete Volker Ullrich.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fährt deshalb jetzt einen vorsichtigen Kurs. Ein Unternehmensstrafrecht will er nur einführen, wenn es nicht genügt, das Ordnungswidrigkeitenrecht zu verschärfen, sagte er bei einem Symposium im Dezember.

Konkret deutete Maas vier Maßnahmen an. „Wir müssen sicherstellen, dass sich Geldsanktionen an den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Unternehmens orientieren“, die derzeitige Grenze von 10 Millionen Euro sei für große Konzerne nur „peanuts“. Zweitens habe die Staatsanwaltschaft bisher viel zu große Freiheit, ob sie gegen ein Unternehmen Geldbußen verhängen will. Hier will Maas konkrete Vorgaben machen.

Drittens entscheiden über Ordnungswidrigkeiten bisher einzelne Amtsrichter. Maas findet das nicht angemessen. Und viertens will der Justizminister Unternehmen belohnen, die interne Compliance-Programme aufweisen. Bisher hat nur jedes fünfte deutsche Unternehmen interne Programme zur Vermeidung von Regelverstößen.

Offiziell prüft Maas noch ganz „ergebnisoffen“. Auch NRW-Minister Kutschaty hat noch nicht aufgegeben und kämpft für sein Unternehmensstrafrecht. Und Gabriel? Von dem hört man zu diesem Thema nichts mehr. Er ist jetzt Wirtschaftsminister.

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