Kommentar spanische Protestbewegung: Syriza, Podemos – venceremos?

In Spaniens Superwahljahr 2015 will die neue Partei „Podemos“ Syrizas Erfolg nachmachen. Doch das Jahr ist lang, Höhen und Tiefen sind absehbar.

300.000 Podemos-Anhänger strömten in Madrid auf die Straße. Bild: reuters

Es war eine Demonstration der eigenen Stärke. 300.000 Menschen versammelten sich in Madrid unter den violetten Bannern von „Podemos“ – der neuen Anti-Austeritäts-Partei Spaniens. Es war keine Demonstration gegen die Sparpolitik und auch nicht gegen die Korruption. Podemos feierte sich mit den Anhängern selbst und damit die Möglichkeit, im Superwahljahr 2015 – mit Regional- und Kommunalwahlen im Frühjahr und Parlamentswahlen im Herbst – die Veränderung einzuleiten.

Der Blick richtet sich auf Griechenland. Podemos sieht sich als Schwesterorganisation von Alexis Tsipras’ siegreicher Syriza. Gemeinsam werde der Süden Europas die Haltung der Merkel-Regierung in Berlin und der Troika in Brüssel brechen. „Politik für die Menschen statt für die Märkte“, heißt der Slogan.

Die Beschwörung der Einheit mit den Griechen ist eine Strategie, die Gefahren birgt. Die bewusst gewollte Annäherung von Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias an Alexis Tsipras, dem er im Wahlkampf in Athen zur Seite stand, erzeugt Hoffnung. Tsipras zeigt, dass eine andere Politik möglich ist. Entgegen dem, was Konservative und Sozialdemokraten europaweit seit Jahren leugnen.

Doch der derzeitige Rückenwind kann schnell die Richtung ändern. Sollten Tsipras und sein in Spanien zu ungeahnter Popularität gelangter Finanzminister Janis Varoufakis nicht erfolgreich sein, wird dies auch in Spanien zu Frust und Resignation führen.

Presse und traditionelle Parteien verfolgen jeden Schritt der Griechen genau, nehmen sie zum Anlass für Brandreden und Schlagzeilen gegen die „Populisten aus Athen“ und meinen damit auch Podemos. Vielen, die am Samstag in Madrid auf der Straße waren, ist das klar. Neben Transparenten mit der Aufschrift „Syriza, Podemos, venceremos!“ – „Syriza, Podemos, wir werden siegen!“ waren auch Slogans wie „Syriza, Podemos, ohne Frauen werden wir verlieren!“ zu sehen. Die Spanier versuchen sich an dem, was einst in der Bewegung zur Unterstützung Nicaraguas und El Salvadors „kritische Solidarität“ genannt wurde.

Das Wahljahr wird lang. Höhen und Tiefen sind absehbar. Die mächtigen Gegner in Berlin und Brüssel werden sich so leicht nicht geschlagen geben – Podemos und Syriza sicher auch nicht. Es ist der Ruf nach Gerechtigkeit und Demokratie gegen die Allmacht der Märkte und damit der Streit über Europas Zukunft.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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