Penismuseum in Island: Grau und schrumpelig in Formalin

Im Phallusmuseum in Island stehen mehr als 280 Penisse – von Pottwalen, Elefanten und Elfen. Neuerdings gibt es auch ein menschliches Exemplar.

Zwergwalpenis, eingelegt (2.v.r.). Bild: dpa

REYKJAVÍK taz | In Einmachgläsern reihen sie sich aneinander, andere hängen getrocknet an der Wand. Mehr als 280 Penisse und Penisteile befinden sich bereits im isländischen Phallusmuseum. Der längste stammt von einem Pottwal, er ist stattliche 1,7 Meter lang und wiegt 75 Kilogramm, der kleinste misst nur zwei Millimeter und ist ohne Lupe kaum zu erkennen. Er gehörte einem Hamster.

Vierzig Exemplare stammen aus dem Ausland. Darunter der Penis eines alten Elefantenbullen aus Südafrika. „Er musste eingeschläfert werden, weil er für Menschen und für den Viehbestand gefährlich war. Irgendwie hatten die Menschen dort von dem Phallusmuseum erfahren und uns den Penis angeboten. Natürlich haben wir sofort angenommen“, sagt Hjörtur Gísli Sigurdsson, Kurator des Museums.

Das Phallusmuseum entstand eigentlich eher aus Zufall. Als Kind hatte der Gründer und Vater von Hjörtur, Sigurdur Hjartason, die Sommerferien regelmäßig auf dem Land verbracht und dort bei der Arbeit mit den Tieren geholfen. Als Peitsche bekam er den Penis eines Bullen, einen sogenannten Ochsenziemer, der früher zur Bestrafung von Tieren eingesetzt wurde.

Viel später, 1974, als er schon Direktor einer Schule in Arkranes in Südwestisland war, begann er dann zu sammeln: „Einige meiner Lehrer arbeiteten im Sommer in einer nahegelegenen Walfangstation und brachten mir Walpenisse, angeblich, um mich zu necken. Daraus entstand nach und nach die Idee, auch Exemplare anderer Säugetierarten zu sammeln“, wie Sigurdur es auf der Museumswebseite beschreibt. Zunächst ging es mit der Sammlung nur schleppend voran. 1980 besaß er gerade einmal 13 Penisse, zehn Jahre später schon 34.

Sigurdur arbeitete seit 1978 als Lehrer für Spanisch und Geschichte in Reykjavík, er übersetzte und schrieb insgesamt rund 200 Bücher, hauptsächlich zur lateinamerikanischen Geschichte. Daneben sammelte er immer weiter Phalli, so dass er 1997 das Museum mit 62 Ausstellungsstücken in Reykjavík eröffnen konnte. Der Sohn empfand die Sammelleidenschaft seines Vater dabei nie als Belastung: „Er begann zu sammeln, als ich zehn Jahre alt war, so ist es mir ziemlich ans Herz gewachsen. Manchmal nahm er mich mit zu einem gestrandeten Wal, ich fand das lustig und abenteuerlich.“

Meistens kommen Frauen ins Museum

Nach seiner Pensionierung konnte sich Sigurdur die Miete in Reykjavík nicht mehr leisten. 2004 zog er mitsamt seinem Museum nach Húsavík, einer Stadt mit 2.200 Einwohnern in Islands Norden. Erst sein Sohn brachte das Museum wieder zurück in die Hauptstadt. Hjörtur hatte zwanzig Jahre als Logistikmanager gearbeitet: „Es war Zeit für eine Veränderung, das Museum gab mir die Möglichkeit, etwas völlig Neues zu tun.“

Er modernisierte das Konzept und eröffnete das Museum in Reykjavíks Haupteinkaufsstraße neu. Die Besucherzahlen steigen seit Jahren: 2014 sahen sich 20.000 Menschen die Penisse an, wobei mehr Frauen als Männer in die Ausstellung kommen, das Verhältnis sei 60:40. Warum das so ist, wisse er nicht, vielleicht seien Männer gehemmter.

„Mein liebstes Exemplar ist immer das neueste. Zurzeit ist das die Giraffe. Ein isländischer Trophäenjäger bekam den Penis in Namibia, brachte ihn nach Island und übergab ihn dem Museum. Das war eine nette Überraschung“, sagt Hjörtur, er wünscht sich zukünftig noch mehr exotische Stücke: „besonders vom Löwen, Zebra oder einem Nilpferd“. Von allen isländischen Säugetierarten besitzt Hjörtur bereits mindestens ein Exemplar.

Der erste menschliche Penis

Am meisten Aufsehen hat aber die Suche nach einem menschlichen Penis erregt. So wurden im Dokumentarfilm „The Final Member“ von 2012 die beiden ersten Spender begleitet, die ihr bestes Stück dem Museum vermachen wollten. Der US-Amerikaner Tom Mitchell wäre dabei bis zum Äußersten gegangen und hätte sich zu Lebzeiten von seinem Penis „Elmo“ getrennt. Er schickte Sigurdur Fotos, auf denen sein Penis als Weihnachtsmann, Wikinger und Abraham Lincoln verkleidet ist, er ließ sich die US-amerikanische Flagge darauf tätowieren und wollte unbedingt der erste menschliche Spender sein.

Das alles tat Mitchell für „Ruhm und Reichtum“, wie er in dem Film sagt – nicht für sich selbst natürlich, sondern für „Elmo“. Die ganze Geschichte klingt eigentlich zu unglaublich, um wahr zu sein. Aber Hjörtur versichert „Oh ja, Tom Mitchell existiert wirklich und die Geschichte ist wahr.“

Hjörtur und ein Pottwalpenis. Bild: dpa

Im Film entsteht eine Art Wettkampf zwischen Mitchell und dem zweiten Kandidaten, dem 95-jährigen Isländer Páll Arason, den die ganze Insel als Frauenhelden und Bergsteiger kennt, der sich aber auch rassistisch äußerte. Er hatte die Namen von über 300 Frauen in ein kleines grünes Buch notiert, mit allen hatte er geschlafen. Er befürchtete vor allem, dass sein Penis aufgrund seines Alters geschrumpft sei und im Museum keinen guten Eindruck machen würde.

Besonders schön ist Páll Arasons Penis wirklich nicht: grau und schrumpelig schwimmt er in einem Glas mit Formalin. Insgesamt gibt es zudem noch fünf weitere zertifizierte Spenderurkunden, die eingerahmt an der Wand hängen. „Ich glaube, die Idee, irgendwie unsterblich zu werden, reizt die meisten Männer und ist der Hauptgrund, für ihre Spendenbereitschaft“, sagt Hjörtur. Um dem Museum überhaupt sein bestes Stück vermachen zu können, müssen die Spender nicht nur eine Rechtsurkunde über die Schenkung einreichen, die durch drei Zeugen beglaubigt wird.

Sie müssen auch nachweisen, dass ihr Glied die „gesetzliche Länge“ hat. Das ist nicht ganz ernst gemeint. Die Idee für ein solches „geeichtes Glied“ stammt aus einem isländischen Volksmärchen. Eine Frau will sich von ihrem Ehemann scheiden lassen, weil dessen Penis nur drei Daumen lang und damit entschieden zu kurz ist. Nachdem der Gemeindevorsteher ihr Vorhaben als Nichtigkeit abtun will, erklärt die frustrierte Frau, dass für volle Befriedigung fünf Daumen Länge nötig sind: „Ein Daumen fürs Haar, einer für die Haut, der dritte, vierte und fünfte rein, und das nenne ich Befriedigung mit geeichtem Glied, mein guter Herr!“

Der Penis-Troll

Das Museum hat den Charme eines alten Heimatkundemuseums. In langen Holzregalen stehen die Gefäße mit den Phalli, in Glasvitrinen liegen Penisknochen, davor jeweils die Bezeichnung auf kleinen weißen Schildern aus Papier. Einige Exemplare hängen an der Wand, aufgenagelt auf Spanholzplatten. Hjörtur versucht bei der Präsentation der Ausstellungsstücke die Linie seines Vaters beizubehalten: „Ich will die Teile auf geschmackvolle, informative und humorvolle Weise präsentieren und nichts Beleidigendes oder Pornografisches zulassen.“

Phallologie sei eine alte Wissenschaft, steht auf der Webseite des Museums. Dank der phallologischen Sammlung könnten nun auch wissenschaftliche Studien in diesem Feld unternommen werden. Das Museum hat also den klaren Anspruch, der Wissenschaft zu dienen, aber auch der Humor soll nicht zu kurz kommen. „In Zukunft will ich ein paar mehr Informationen zu einigen der Themen bereitstellen und der Humor ist ja immer nah bei diesem Thema“, sagt Hjörtur, so sind im Museum sogar ein Elfenpenis – unsichtbar – und der Penis eines Trolls – versteinert – ausgestellt.

Auch international hat das Museum schon viel Aufmerksamkeit erregt, über hundert Artikel wurden in aller Welt über die Sammlung veröffentlicht. Zuletzt sorgte die Zusage Jonah Falcons für Aufsehen, dem Phallusmuseum seinen Penis nach seinem Tod zu vermachen. Der US-amerikanische Schauspieler gilt als der Mann mit dem längsten Penis der Welt, 34 Zentimeter soll er messen. Über dieses zukünftige Ausstellungsstück ist Hjörtur natürlich sehr glücklich: „Das ist ein schönes Exemplar.“ Da Falcon erst 44 Jahre alt ist, wird sich Hjörtur allerdings noch ein bisschen gedulden müssen, bis auch dieser Penis in einem Glas mit Formalin in einem seiner Holzregale steht.

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