Das „Jahr des Lichts“: Blutdunst im Herzen des Empfängers

2015 ist das „Internationale Jahr des Lichts und der lichtbasierten Technologien“. Die Astronomische Union fordert ein „Recht auf Dunkelheit“.

Frankfurt am Main bei Nacht. Bild: dpa

BERLIN taz | Dass inzwischen jedes Jahr und jeder Tag mit einem Motto überschrieben ist, kann schon mal irritieren. Hilfreich also, zu wissen, dass das „Internationale Jahr des Lichts und der lichtbasierten Technologien“ von dem westafrikanischen Staat Ghana angestoßen wurde. Das erklärte der Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Prof. Dr. Edward Georg Krubasik, bei seiner Einführung in das Jahr des Lichts am Donnerstagabend im Berliner Haus der Festspiele. Ghana hat ein existenzielles Interesse an künstlichem Licht, das nötig ist, um etwa am Abend noch zu lesen und lernen.

Die internationale Astronomische Union dagegen fordert ein „Recht auf Dunkelheit“ und den Sternenhimmel, den man in der industrialisierten Welt kaum mehr sieht. Wir wären nicht die, die wir sind, ohne das Wissen, das wir uns über die Beobachtung des nächtlichen Himmels erworben haben.

Den nächtlichen Sternenhimmel des Kölner Künstlers Dirk Vollenbroich im Internationalen Zentrum für Lichtkunst in Unna wird nur sehen, wer ganz und gar entspannt ist. Die Beleuchtung seiner Installation wird per Biofeedback durch die Hirnströme der Besucher gesteuert. Signalisieren sie völlige Entspannung, werden im Schwarzlicht die auf Wand und Decke aufgemalten Sterne sichtbar.

Vollenbroich war drittplatziert beim „International Light Art Award“ (ILAA), den das Zentrum für Lichtkunst in Unna und die RWE Stiftung für Energie und Gesellschaft erstmals ausgelobt haben. Der Chilene Iván Navarro war mit einem Mobile aus Verkehrsampeln zweitplatziert, während der ILAA Martin Hesselmeier und Andreas Muxel zugesprochen wurde, in deren Arbeit das Licht vermeintlich den Gesetzen der Schwerkraft unterliegt.

Platons Sehstrahlen

Lobredner des Abends in Berlin war Peter Sloterdijk – auch aus freundschaftlicher Verbundenheit mit dem Förderer und Unterstützer des neuen Preises, seinem ehemaligen Kollegen an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, Mischa Kuball.

Sloterdijk begann mit einer kleinen Geschichte des Heimwehs und der Liebe. Marsilio Ficino, als er Platons Gastmahl übersetzte, fügte den Sehstrahlen, die nach Platon unser Auge aussendet, noch einen Blutdunst hinzu. Er gelangt ins Herz des Empfängers, wo er die Liebe auslöst, weil das Blut sich zurücksehnt zu seinem Spender.

In der Moderne ist das Licht dann nicht mehr empfangen oder geliehen. Die Moderne arbeitet mit der Idee der Fluoreszenz, der innerweltlichen Lichterzeugung. Nicht eine Sonne, sondern viele. Wie die von Ólafur Elíasson entwickelte Solarlampe. Für Ghana.

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