Meinungsmache bei Fox News: Nachrichtensender ohne Nachrichten

Fox News hat die besten Antworten für Amerikaner rechts der Mitte. Inwieweit prägt die Ideologie der Moderatoren die Politik des Landes?

Eben noch auf der Straße, jetzt mit klarer Meinung im Fernsehen: Ex-Richterin und Fox-News-Moderatorin Jeanine Pirro im Jahr 2006. Bild: imago/ZUMA

Hollywood liebt den Kampf Gut gegen Böse. Es ist eine einfache Welt, in der Held und Antiheld aufeinandertreffen und der Held am Ende obsiegt. Was auf der Leinwand erfolgreich ist, kann auch im Nachrichtengeschäft funktionieren, dachte sich wohl Rupert Murdoch, als er 1996 den 24-Stunden-Sender Fox News gründete, als Gegenstimme zur ansonsten – aus Sicht der Fox-News-Macher – linken Medienlandschaft der USA. Seitdem hat sich der Sender zum erfolgreichsten Nachrichtenkanal im Land entwickelt.

Rund um die Uhr werden Zuschauer bei Fox News mit Beiträgen und Sendungen versorgt, die gegen Barack Obama hetzen, Klimawandelleugnern ein Forum bieten oder Abtreibung und Homo-Ehe ablehnen. Wer der demokratischen Partei zugewandt ist und eher linke Ideen und Einordnungen sucht, findet im Mainstream eine Heimat bei MSNBC. Dazwischen bewegt sich CNN mit keiner klaren politischen Haltung, sondern dem Versuch, dem Label „Nachrichtensender“ noch gerecht zu werden.

Doch CNN und MSNBC kommen in der Quote gegen Fox News schon lange nicht mehr an. Und das Erfolgsrezept der klaren Meinungsmache und einfachen Weltbilder lässt sich in Zeiten des Terrors noch weiterdrehen.

Es ist der 7. Januar 2015, der Anschlag auf das französische Magazin Charlie Hebdo ist gerade passiert, die Täter sind noch auf der Flucht. Auf Fox News diskutieren in der Talkshow „Outnumbered“ mehrere Moderatoren und Experten die Folgen des Anschlags.

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Shannon Bream ist Washington-Korrespondentin des Senders und berichtet über den Obersten Gerichtshof. An diesem Tag jedoch fungiert sie als Expertin dafür, woran man typische Terroristen erkennt. „Sie trugen Skimasken. Wissen wir überhaupt, was für eine Hautfarbe sie hatten, wie der Ton ihrer Haut aussah? Ich meine, was ist, wenn sie überhaupt nicht wie die typischen bösen Jungs aussehen, so wie wir sie definieren, sobald wir über Terrorgruppen nachdenken?“ Die Annahme, dass die Hautfarbe eines Menschen ihn als Terroristen identifizieren kann, stört keinen der Anwesenden. Moderatorin Kennedy Montgomery hat schließlich nur einen Tipp für die Zuschauer, um sich zu schützen. „Ich denke, das Beste, was Amerikaner machen können, ist, sich zu bewaffnen.“

Gute Muslime

Nur wenige Tage später ruft Jeanine Pirro in ihrer Sendung „Gerechtigkeit mit Richterin Jeanine“ dazu auf, alle radikalen Islamisten zu töten und dafür im besten Falle die „guten Muslime“ zu bewaffnen und einfach wegzuschauen. Wer diese guten Muslime sind, darüber gibt es im Fox-News-Kosmos keine Einigkeit. Vielfach wird in unterschiedlichen Sendungen fälschlicherweise berichtet, dass es noch keinerlei abgrenzende Stellungnahmen muslimischer Gruppen nach dem Attentat gegeben habe.

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Und der als Experte bezeichnete Steven Emerson geht so weit, das britische Birmingham als eine „total muslimische Stadt“ zu beschreiben, in die sich Nichtmuslime nicht mehr trauen würden. Darüber hinaus sei dies nicht die einzige „No-go-Zone“ für Nichtmuslime in Europa, auch Frankreichs Hauptstadt sei betroffen.

Dafür erntet er Spott in den sozialen Netzwerken und weltweite Kritik, sodass sich Fox News schließlich entschuldigt – am Samstagabend, wo der Sender die wenigsten Zuschauer hat. Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, hat in dieser Woche angekündigt, gegen den Sender und seine Aussagen klagen zu wollen.

Rassistischen Entgleisungen zum Trotz kommt die Stimmungsmache des Murdoch-Unternehmens in den USA an. Zur besten Sendezeit schauten laut dem „State of the News Media“-Bericht 2013 im Schnitt 1,75 Millionen Menschen Fox News. Das ist mehr, als CNN (543.000) und MSNBC (619.500) zusammen erreichen.

Alle reden über Pegida, aber noch hat keiner umfassend die Frage beantwortet: Warum Dresden? 23 Ursachen benennt die Titelgeschichte der taz.am wochenende vom 24./25. Januar 2015. Und: Wie der Tod des Eritreers Khaled Idriss Bahray in Dresden viele Gewissheiten infrage stellt. Außerdem: Suhrkamp-Cheflektor Raimund Fellinger über gute Traditionen, große Autoren und verpasste Chancen. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Mord, Überfälle, Unfälle

Während die Quote tagsüber relativ stabil ist, verlieren jedoch alle drei Nachrichtensender am Abend in den vergangenen Jahren an Zuschauern. Anders als etwa in Deutschland gibt es für die Sender Konkurrenz aus den eigenen Reihen: die Abendnachrichten der lokalen Fernsehstationen. Ihre Quote steigt erstmals seit Jahren wieder. Die Hauptkabelsender ABC, NBC und CBS haben in jeder größeren Stadt und jeder Region lokale Ableger, sie alle gehen sowohl mit Morgen- als auch Abendnachrichten in Konkurrenz zu Fox News und den anderen Kanälen. Und die Themenlage spiegelt den Quotendruck: Morde, Überfälle, Unfälle, das sind die Quotenbringer fürs Lokale. Und danach direkt zum Sport und Wetter.

Dagegenhalten kann nur Fox News mit seiner marktschreierischen Berichterstattung. Seine Macher schaffen es, die Zuschauer ideologisch an den Sender zu binden. Eine Studie zu Sehgewohnheiten zeigt, dass 88 Prozent der Befragten, die sich als konservativ bezeichnen, Fox News vertrauen. Für 47 Prozent von ihnen ist der Sender die Hauptinformationsquelle. Die Studie des Pew Research Centers zeigt auch, dass die Tendenz bei eher liberalen Wählern entgegengesetzt ist: Die Befragten informieren sich über verschiedene Nachrichtenquellen.

Fox News hat die besten Antworten für Amerikaner rechts der Mitte. Weil sie einfach sind und dem Weltbild der Zuschauer entsprechen. Es geht nicht mehr um die Vermittlung von Nachrichten, sondern die Analyse und Anklage, die immer nur eine politische Richtung kennt. Nach Recherchen der Firma SNL Kagan brachte das dem Sender im Jahr 2013 trotz schwindender Quoten einen Einnahmezuwachs von 5 Prozent. Satte 1,89 Milliarden Dollar (1,15 Milliarden Euro) fuhr der Sender ein, CNN liegt bei 1,1 Milliarden Dollar, MSNBC gar nur bei 475 Millionen Dollar.

„Gerecht und ausgewogen“

Fox News schmückt sich immer noch mit dem Werbespruch „fair and balanced“, „gerecht und ausgewogen“, die Realität ist eine andere. Doch prägt die Ideologie der Fox-Moderatoren die Politik des Landes? Ein wissenschaftliches Papier stellt die These auf, dass zumindest das Wahlverhalten der Zuschauer durch Nachrichtensender beeinflusst wird.

Wer vor der Präsidentschaftswahl 2000 nur vier Minuten mehr pro Woche Fox News geschaut hat, hat eher dem Republikaner George W. Bush seine Stimme gegeben, schreiben die Autoren George J. Martin und Ali Yurukoglu. Grundlage ihrer Erhebung sind unterschiedliche Statistiken und Umfragen zu Wahl- und Fernsehverhalten.

Interessant an der Untersuchung, die die Wissenschaftler am National Bureau of Economic Research in Cambridge erarbeitet haben, ist dabei, dass Zuschauer nicht gezielt Fox News oder MSNBC einschalten und damit in ihrem Wahlverhalten beeinflusst werden. Entscheidend ist die Programmbelegung, die vom Kabelanbieter vergeben wird. Je niedriger die Kanalnummer, desto wahrscheinlicher ist es, dass Amerikaner beim Zappen hängen bleiben. Ältere Sender wie ABC, CBS oder der Sportsender ESPN haben traditionell niedrigere Kanalnummern, die Kabelsender werden je nach Anbieter überall im Land anders verteilt.

Böse Muslime

Auf die Wahl 2000, die George W. Bush nur knapp gegen Al Gore gewann, hat Fox News Einfluss genommen. „Hätte man Fox News während der Wahlzeit im Jahr 2000 abgeschaltet, hätten sich die Stimmen für die Republikaner im Landesschnitt um 1,6 Prozent gesenkt“, so die Autoren. MSNBC spielte noch keine Rolle, da dem Sender seine klare inhaltliche Linksausrichtung erst Anfang der 2000er Jahre gegeben wurde.

Grundsätzlich fanden die Forscher in ihrem Untersuchungszeitraum von 1998 bis 2008 heraus, dass Fox-News-Zuschauer eher davon überzeugt wurden, republikanisch zu wählen, als dass MSNBC in der Lage ist, eher konservative Zuschauer zum Umdenken zu bewegen. Der Quotenverfall bei MSNBC auf der einen und der Erfolg von Fox News auf der anderen Seite unterstreicht die Treue, die Fox-News-Zuschauer ihrem Sender entgegenbringen.

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Und diese Treue gibt Fox News mit kontinuierlich einseitiger Ideologie zurück. Vergangenes Wochenende fragte sich Moderator Neil Cavuto, nur Tage nach dem Birmingham-Eklat um Experte Steven Emerson, wie man „moderate Muslime“ finden könne. Durch die Reaktion auf kontroverse Mohammed-Karikaturen? „Natürlich nur ein Witz“, sagte Cavuto.

Der Experte in der Sendung, Wayne Simmons, hatte aber einen ganz ernsten Vorschlag, um wenigstens die berüchtigten „No-go-Zonen“ und damit die bösen Muslime auszuradieren. Einfach Stacheldraht hochziehen, die Wasserversorgung abschalten und warten, bis alle herauskommen – und die Muslime dann katalogisieren. Der Mann war früher CIA-Agent.

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