Grundlage für Demonstrationsverbote: Eine abstrakte Terrorgefahr

Für Demonstrationsverbote ist juristisch eine unmittelbare Gefahr notwendig. In Dresden ist das nicht der Fall. Das Verbot dürfte rechtwidrig sein.

Das Demoverbot würde ihre Waage wohl kippen lassen: Justitia, Wahrzeichen der Gerechtigkeit Bild: dpa

FREIBURG taz | Eine Demonstration kann verboten werden, wenn sonst die öffentliche Sicherheit oder Ordnung „unmittelbar gefährdet“ wäre. Das sieht das sächsische Versammlungsgesetz vor. In anderen Bundesländern gelten identische Regelungen.

Das heißt: Eine abstrakte Terrorgefahr, wie sie derzeit überall in der Bundesrepublik besteht, reicht für ein Verbot nicht aus. Die Gefahr muss unmittelbar für die konkrete Demonstration gelten. Der Schaden muss ohne ein Verbot mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Dafür muss es konkrete tatsächliche Anhaltspunkte geben. Bloße Vermutungen reichen laut Rechtsprechung nicht aus.

Die sächsische Polizei beruft sich auf Erkenntnisse, wonach Attentäter aufgerufen wurden, sich unter die Pegida-Demonstranten zu mischen, „um zeitnah einen Mord an einer Einzelperson des Organisationsteams der Pegida-Demonstration zu begehen“. Bei dieser Person soll es sich um Lutz Bachmann handeln.

Die Gefahr kann laut Polizei auch nicht durch polizeilichen Zugriff beseitigt werden, weil die potenziellen Attentäter unbekannt sind. Auch wenn sich die unmittelbare Gefahr nur auf Lutz Bachmann bezieht, müsse doch die ganze Pegida-Demonstration abgesagt werden. Da auch mit dem Einsatz „gemeingefährlicher Mittel zu rechnen“ sei, wären alle Demo-Teilnehmer gefährdet.

Wie konkret und verlässlich die Terrorhinweise sind, kann derzeit nicht überprüft werden, dies sollte aber noch genau untersucht werden. Hier besteht nicht nur die Gefahr, dass unliebsame Meinungen zum Schweigen gebracht werden. Es wäre auch unzulässig, wenn die Polizei durch übertriebene Gefahrenprognosen Pegida zum Opfer macht und so deren Propaganda mittelbar unterstützt.

Fragwürdig ist auch, dass für einen Tag gleich alle Demonstrationen in der Stadt Dresden verboten wurden. Mit keinem Wort geht die Verbotsverfügung der Dresdner Polizei auf mögliche Gefahren ein, die anderen Demonstrationen, etwa der Pegida-Gegner, drohen. Sie sind auch offenbar nicht ersichtlich. Ein so weitgehendes Verbot dürfte daher rechtswidrig sein.

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