Milchproduktion im Norden: Biobauern machen’s selbst

23 Milchbauern aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen nehmen die Produktion künftig selbst in die Hand und bauen sich eine eigene Meierei.

Lecker Milch: Die 23 Neu-Meierei-Besitzer spielen mit ihrer Produktionsmenge von zehn Millionen Litern eine untergeordnete Rolle. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die weißbraunen Milchkartons mit der Kuh im Oval sind ein vertrautes Bild im Kühlregal. Bald wird es nicht nur Milch und Butter der Marke Hamfelder Hof geben, sondern auch Sahne, Quark und Yoghurt. Die 23 schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Bauern, die die Milch für die Marke erzeugen, haben sich zusammengeschlossen, um eine eigene Meierei zu errichten. Der Grundstein ist gelegt, im Frühjahr soll der Betrieb in Mühlenrade im holsteinischen Kreis Herzogtum Lauenburg eröffnet werden.

„Wir wollten das schon ganz lange“, sagt Heinz Elfenkämper-Raymann, der zusammen mit seiner Frau Angelika Raymann 1986 den eigentlichen Hamfelder Hof im Kreis Stormarn auf die Bioproduktion umgestellt hat. „Man kann sich nicht entwickeln, wenn man mit den Großen zusammenarbeitet.“ Mit ihrer Produktionsmenge von zehn Millionen Litern im Jahr spielen selbst die 23 Biohöfe zusammen in den großen Meiereien nur eine untergeordnete Rolle.

Ihre jetzige Meierei Witzwort in Osterhusum hat 150 Lieferanten und verarbeitet 72 Millionen Liter im Jahr. Die großen Molkereien könnten aber nur große Mengen auf einmal verarbeiten, sagt Elfenkämper-Raymann. Dabei muss die Biomilch von der konventionell erzeugten Milch getrennt werden. Besondere Produkte nur für die Biobauern herzustellen, ist unter solchen Umständen schwierig.

Mit einer Milchverarbeitung in eigener Hand schnappen sich die Bauern zudem ein zusätzliches Glied in der Wertschöpfungskette. „Wir müssen unsere Bauern fördern“, sagt Elfenkämper-Raymann. Die Nähe zur Großstadt Hamburg biete dem Projekt, das aus ökologischen Gründen auf Regionalität ausgelegt ist, gute Erfolgsaussichten. „Wenn wir das nicht schaffen, schafft es keiner“, sagt er.

Erzeuger bekommen für Biomilch etwa zehn Cent mehr als für konventionelle Milch.

Bei Trinkmilch hat Biomilch mit fünf Prozent etwa den gleichen Marktanteil wie die Bioerzeugnisse anderer Produktgruppen wie beispielsweise Gemüse, Obst, Fleisch und Wurstwaren. Butter, Quark und Rahmerzeugnisse aus Bioproduktion liegen deutlich darunter.

Die Milchkühe dürfen nur biologisch erzeugtes Futter bekommen. Gentechnik, Leistungssteigerer und Antibiotika sind tabu. Die Zahl der Kühe pro Hektar ist nach den Vorgaben der großen Anbauverbände auf zwei begrenzt.

In Deutschland wirtschafteten 2013 gut acht Prozent der Bauernhöfe ökologisch. Sie bewirtschafteten gut sechs Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.

Eigentlich hätten die Bauern gerne die Meierei in Trittau (Kreis Stormarn) übernommen, in der sie bis 2011 produzierten. Als aber deren Eigentümerin Hansano nicht verkaufen wollte, reifte bei den Biobauern der Entschluss, eine eigene Meierei zu bauen. Zehn Millionen Euro soll sie kosten. 1,8 Millionen Euro steuert das schleswig-holsteinische Umweltministerium aus diversen Fördertöpfen des Landes und der EU bei. Angeschlossen sein werden ein Hofladen und ein Bistro.

Für die Trägerin haben die Bauern anders als üblich nicht die Organisationsform einer Genossenschaft gewählt, sondern ihre Bauerngemeinschaft als GmbH & Co. KG gegründet. „Eine Genossenschaft ist zu unflexibel in den Entscheidungsstrukturen“, sagt Elfenkämper-Raymann. Viele der Bauern hätten schlechte Erfahrungen mit Genossenschaften gemacht. Anders als bei einer Genossenschaft sind die Stimmrechte bei einer Kommanditgesellschaft je nach Höhe des Kapitalanteils unterschiedlich verteilt.

„Wenn sich Bauern zusammenschließen, kann man das nur begrüßen“, sagt Klaus Dahmke, Sprecher des schleswig-holsteinischen Bauernverbands. Die Milchbauern müssten jede Marktnische bedienen – etwa den Biomarkt. 2,3 Prozent der in Deutschland erzeugten Milch werden in Bioqualität erzeugt. Der Marktanteil beim Absatz lag bei Milch und Yoghurt nach Angaben des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft 2013 bei fünf Prozent. Für die Erzeuger ist also noch Luft nach oben.

Dass am 1. April der Milchmarkt der EU liberalisiert wird und damit jeder Bauer so viel Milch produzieren kann, wie er will, macht Elfenkämper-Raymann keine Sorgen. „Den Biobereich betrifft das nicht so“, sagt er. „Die meisten Betriebe haben nicht die Möglichkeit, mehr zu machen, weil Flächen fehlen.“

Die Biohöfe brauchen viel Fläche, weil sie den Grundbedarf an Futter selbst anbauen. Doch Felder hinzu zu pachten, ist in den vergangenen Jahren zu teuer geworden. Nicht zuletzt der lukrative Anbau von Mais und anderen Pflanzen zur Erzeugung von Biogas hat die Pachtpreise in die Höhe getrieben. Der Biolandbau gibt das nicht her.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.