Neues Ausstellungsformat in der Weserburg: Bis zur Wahl in der Schwebe

Während die Politik die Entscheidung über die Weserburg verzögert, zeigt man dort mit den „Künstlerräumen“, wie ein Sammlermuseum heute aussehen kann.

Es regnet Erkennungsmarken: Almut Lindes "Dirty Minimal #62.4 - 1347 Lives" von 2011. Bild: Weserburg

BREMEN taz | Die Kulturpolitik wird heute nichts entscheiden, auch wenn sie mal anderes versprochen hat. Sie wird vorerst nur „zur Kenntnis“ nehmen. Und ein neues „Zukunftskonzept“ vom Museum Weserburg fordern. Also erst später über dessen Standort befinden. Nach der Wahl, vermutlich, in den rot-grünen Koalitionsverhandlungen.

Eine Antwort auf die – seit Jahren in der Stadt debattierten – konzeptionellen Fragen gibt es aber schon. In der Weserburg. In den „Künstlerräumen“, die dort am Freitag eröffnet wurden. Gleich neben der erstmals gezeigten „Sammlung Kelterborn“, mit ihrer hochpolitischen, sehr aktuellen und im besten Sinne „jungen“ Kunst.

Diese „Künstlerräume“ sind ein neues Format des Museums – eines, das zeigt, wie ein Sammlermuseum heute funktionieren kann. Eines, das sich nicht darauf beschränkt, mehr oder minder arrivierte Werke, Künstler, Positionen auszustellen, die eben irgendwer zusammen getragen hat. Die Ausstellungsreihe ist eine von mehreren Antworten auf den Einwand, dass ja heute jedes Museum irgendwie ein Sammlermuseum ist und reiche SammlerInnen immer häufiger eigene Museen bauen oder bekommen.

In 15 Räumen, die alle ein bisschen wie kleine, miteinander verbundene Galerien daher kommen, werden 15 künstlerische Welten eröffnet. Dabei tritt das Sammeln angenehm in den Hintergrund – zugunsten einer Kunst, die sehr vielfältig ist, ja, zueinander völlig widersprüchlich sein kann und gerade darum so gut zusammen passt. Nebenbei wird klar, welche Schätze die Weserburg noch im Keller hat und was es, auch in Bremen, alles bei Sammlern zu entdecken gibt, die bis jetzt noch nie irgendwo richtig ausgestellt haben.

Manches haben bisher nicht einmal die Sammler richtig entdeckt: Almut Linde etwa, die 1.347 Erkennungsmarken der Bundeswehr an die Decke gehängt hat, und, gleich daneben, ein großformatiges Foto präsentiert, das erst auf den zweiten Blick mehr ist als ein romantisches Landschaftsbild. Linde hinterfragt, ohne vordergründig anzuklagen. Auch wenn es hier um Krieg und Sterben geht.

„Das Museum ist noch dabei, seinen künftigen Platz in der Kulturlandschaft Bremens neu zu definieren“, steht dagegen im „Sachstandsbericht Weserburg“, der heute in der Kulturdeputation debattiert wird. Zwar brauche Bremen „weiterhin einen herausragenden Ort zur Präsentation von Gegenwartskunst“. Aber ob es auch ein Sammlermuseum braucht, wenn dessen kommissarischer Direktor Peter Friese 2017 in den Ruhestand geht, lässt das Papier ausdrücklich offen.

Schon seit der Gründung sei die Weserburg „nur schwer an eine breite Öffentlichkeit zu vermitteln“, heißt es statt dessen. Außerdem wird moniert, dass die Besucherzahlen stagnieren – 2013 kamen etwas mehr als 30.000 Leute. Man könnte auch sagen: Obwohl das Museum noch viel weniger Geld hat als früher schon und ums Überleben kämpft, kommen immer noch genauso viele.

Im Sommer hieß es: Im Dezember, da wird entschieden: Ob das Museum auf dem Teerhof saniert wird, oder aber einen Neubau in den Wallanlagen bekommt, zusammen mit dem Studienzentrum für Künstlerpublikationen und der Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK), die wie auch das Museum lieber auf dem Teerhof bleiben will. Doch die Idee mit dem Neubau, das wird immer klarer, ist keine realistische Option – zu wenig Platz, zu teuer, zu viele Probleme mit dem Denkmalpfleger und anderen.

Gleichwohl wird die Entscheidung weiter verzögert, nun etwa mit dem Hinweis, dass noch ein Gutachten aussteht. Damit seit kurzem beauftragt ist Helmut Friedel, der bis 2013 lange Direktor im Münchner Lenbachhaus war – einem Museum mit viel Kunst aus dem „Blauen Reiter“, das jüngst erweitert und stärker auf die Gegenwartskunst ausgerichtet wurde.

GAK-Direktorin Janneke de Vries sagt viel Gutes über Friedel. Doch hegt sie die „große Befürchtung“, dass der Weserburg ein „Sterben auf Raten“ bevorsteht, wenn die Entscheidung über die Zukunft der drei Institutionen der Gegenwartskunst am Teerhof bis nach der Bürgerschaftswahl im Mai verschoben wird. Das wäre „jammerschade“, sagt de Vries. Zumal die Weserburg mit dem Konzept der Künstlerräume „absolut in die richtige Richtung“ gehe.

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