Kommentar Linke und Antisemitismus: Die „Klo-Affäre“ ist eine Sauerei

Das von Linkspartei-Abgeordneten provozierte „Toilettengate“ ist Hetze gegen Israel und hat System. Eine Linke, die so was tut, hört auf, links zu sein.

Der Schauplatz: Raum 1727 neben Gysis Abgeordnetenbüro. Bild: Christian Thiel

Auf den ersten Blick ist es wie immer bei der Linkspartei. Der eine Flügel ist empört über den anderen. Die „Reformer“ werfen den „Fundis“ Sektierertum vor, die „Fundis“ den „Reformern“ Verrat. Und die „Zentristen“ mahnen zur Geschlossenheit. Worum es im Konkreten geht, ist egal. Denn eigentlich geht es stets nur um die je nach Gusto angestrebte oder abgelehnte Regierungsbeteiligung. Auch das „Toilettengate“ wollen nicht wenige in der Partei in dieses Schema der ewig gleichen Frontstellung einordnen. Das aber ist falsch.

Vor drei Jahren hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, an die Linkspartei appelliert, sich endlich aus dem „Kerker des Israel-Hasses“ zu befreien. „Wenn Israel generell dämonisiert wird, beispielsweise durch Nazi-Vergleiche, wenn seine Existenz delegitimiert wird – dann hat der Antisemitismus längst begonnen“, schrieb Graumann der Linkspartei ins Stammbuch.

Dass seine Botschaft bis heute nicht wirklich in der Partei angekommen ist, beweist das unsägliche Treiben von „antizionistischen“ Abgeordneten wie Inge Höger oder Annette Groth. Das von ihnen provozierte „Toilettengate“ war kein „bedauernswerter Zwischenfall“, der mit einer lapidaren Entschuldigung erledigt ist. Ihre antiisraelische Hetze hat durchaus System.

Es geht nicht darum, ob die aktuelle israelische Regierungspolitik kritisiert werden darf, wie immer wieder demagogisch behauptet wird. Selbstverständlich darf, ja muss die Besatzungs- und Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung kritisiert werden. Ebenso selbstverständlich sollte das Mitgefühl mit den Opfern des endlosen Nahostkonflikts sein, den palästinensischen wie den israelischen.

Doch es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man sich mit der israelischen Friedensbewegung Peace Now solidarisch erklärt oder sich auf die Seite der islamistischen Terrororganisation Hamas stellt, die Israel vernichten will.

Eine Linke, die antisemitische und antiisraelische Ressentiments schürt, hört auf, links zu sein. Die Partei wird sich entscheiden müssen. Obsessiver Hass auf und die Dämonisierung von Israel, die in dem Aufruf „Ihr sprecht nicht für uns!“ angeprangert werden, widersprechen einem emanzipatorischen Projekt. Die Unterzeichnung dieses begrüßenswerten Weckrufs sollte keine Frage der Flügelzugehörigkeit sein. Sondern eine Selbstverständlichkeit.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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