Rückbau des Forschungsreaktors Jülich: „Absurdität der Atomkraft“

1988 wurde der Forschungsreaktor Jülich stillgelegt. Über 26 Jahre später wird das Herzstück entfernt. Eine endgültige Lösung ist das aber noch lange nicht.

Castoren mit Atommüll lagern auf dem Reaktorgelände in Jülich. Bild: dpa

JÜLICH dpa | Der Rückbau des stillgelegten Forschungsreaktors in Jülich ist in eine entscheidende Phase gegangen. Am Dienstag haben die Arbeiten zur Verlagerung des Reaktorbehälters begonnen, teilte die Betreiberin Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) mit. Der 2.100 Tonnen schwere Behälter werde aus dem Schutzbehälter aus Beton gehoben und auf ein spezielles Gestell gesetzt. Das dauere mehrere Tage.

Nach weiteren Arbeiten soll der radioaktiv belastete Behälter in etwa vier bis fünf Monaten in ein neu gebautes Zwischenlager rund 200 Meter entfernt auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich gebracht werden.

Die Strahlung in dem Reaktorbehälter sei nach außen abgeschirmt, sagte AVR-Sprecher Wilfried Hubrich. „Die Leute brauchen keine besondere Schutzkleidung“, beschrieb der Sprecher die Arbeitssituation vor Ort. Es gebe eine geringe Strahlung, die einen Bruchteil der in der Strahlenschutzverordnung erlaubten Dosis ausmache.

Die hochstrahlenden Brennelemente waren schon 1994 aus dem Reaktorbehälter entfernt worden und liegen in einem Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich. Die NRW-Atomaufsicht prüft seit Ende September ein Konzept des Forschungszentrums zum weiteren Umgang mit den hoch radioaktiven Brennelementen, nachdem die reguläre Lagergenehmigung ausgelaufen war.

Reaktorbehälter darf herausgehoben werden

Das NRW-Wirtschaftsministerium hatte als Atomaufsicht am Montag die Zustimmung zur Entnahme des Reaktorbehälters erteilt. Das Herausheben findet unter einer Schutzhülle, der sogenannten Materialschleuse, statt. Danach soll der Transport in vier bis fünf Monaten vorbereitet werden. Der Reaktor werde 30 bis 60 Jahre in dem neu gebauten Lager bleiben. Er werde erst dann zerlegt, wenn ein Endlager und dessen Annahmebedingungen feststehen.

Der AVR-Forschungsreaktor Jülich, der 1988 abgeschaltet wurde, ist der erste Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktor, der zurückgebaut wird. Nach der Stilllegung 1988 war der sichere Einschluss geplant. Die Maßnahmen dafür hatten bis 2003 knapp 200 Millionen Euro gekostet. Nachdem aber 1999 eine radioaktive Belastung in Boden und Grundwasser festgestellt wurde, vereinbarten Bund und Land den vollständigen Rückbau.

360 Millionen Euro für den Rückbau

Nach AVR-Angaben hatte es bei einem Störfall 1978 ein kleines Loch im Dampferzeuger gegeben. Nach dem Abschalten des Reaktors war demnach über mehrere Tage Wasser in den Reaktorbehälter gelaufen, das beim Abpumpen durch eine undichte Gebäudefuge ins Erdreich sickerte. Der vollständige Rückbau soll bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Die kalkulierten Kosten dafür sind mit 360 Millionen Euro veranschlagt.

Mit dem Forschungsreaktor werde die Absurdität der Atomkraft deutlich, stellte der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer aus dem Kreis Düren, fest. „Am Ende wird der Preis für die Atommüll-Entsorgung in Jülich deutlich über einer Milliarde Euro liegen“, schätzte der Politiker. Vor allem aber erbten die nachfolgenden Generationen den strahlenden Müll.

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