Gutachten zu Freihandelsabkommen: Völkerrechtler gegen TTIP und Ceta

Die Freihandelsabkommen der EU verstoßen gegen das Grundgesetz. Zu diesem Ergebnis kommt ein von Attac in Auftrag gegebenes Gutachten.

Können sich bestätigt fühlen: Gegner von TTIP und Ceta bei einer Demo im Oktober Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Ein neues Rechtsgutachten unterstützt die Kritiker der geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA (TTIP) sowie Kanada (Ceta). Völkerrechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano und sein Mitarbeiter Johan Horst von der Universität Bremen kommen in der von Attac München in Auftrag gegebenen Studie zu dem Ergebnis: Ceta ist rechtswidrig. Die Kritik gilt auch dem noch zu verhandelnden TTIP-Abkommen mit den Vereinigten Staaten, da sich dieses stark an Ceta orientiert.

Der Vertrag mit Kanada verstoße sowohl gegen das Grundgesetz als auch gegen Unionsrecht, sagte Horst. Etwa bei den internationalen Schiedsgerichten: Vor ihnen können dem Vertrag zufolge ausländische Konzerne klagen, wenn sie ihre Investitionen gefährdet sehen, zum Beispiel durch Umweltauflagen. Dabei würden die privaten Schiedsgerichte auch über EU-Recht entscheiden. Dies stünde aber ausschließlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu, argumentierte Horst.

Außerdem verstoße Ceta gegen die „im Grundgesetz verankerte Garantie der kommunalen Selbstverwaltung“. Hat eine Kommune ihre Wasserversorgung privatisiert, könnte sie dies laut Ceta nicht mehr rückgängig machen. Dazu kommt, dass das Abkommen eine Negativliste vorsehe. Alle Bereiche, die nicht ausdrücklich ausgenommen sind, unterlägen damit den Liberalisierungsvorschriften von Ceta. Die Kommunen wären verpflichtet, fast alle Aufträge auszuschreiben, und könnten mittelständische Unternehmen vor Ort nicht mehr unterstützen.

Ginge es nach der Europäischen Kommission, würde Ceta schon bald in Kraft treten, nur das EU-Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten müssten noch zustimmen. Doch auch das sei nicht rechtens, so die Juristen, da es sich bei Ceta um ein „gemischtes Abkommen“ handle, bei dem auch die nationalen Parlamente ihr Einverständnis geben müssten. Damit würde es noch „mindestens zwei Jahre“ dauern, bis Ceta in Kraft tritt.

Kritik am Schiedsgericht

Zu dem gleichen Schluss war ein Gutachten gekommen, das Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Auftrag gegeben hatte. Nach massiver Kritik aus den eigenen Reihen äußerte der SPD-Politiker auch Bedenken in Bezug auf die umstrittenen internationalen Schiedsgerichte. Mit seiner Forderung, Ceta neu zu verhandeln, stieß er aber auf Kritik beim Koalitionspartner CDU/CSU.

Fischer-Lescano geht jedoch davon aus, dass nicht Parlamente, sondern das Bundesverfassungsgericht und der EuGH über die finale Version von Ceta und TTIP entscheiden werden. Dazu müsste ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder das EU-Parlament klagen.

Laut Ceta sollen 98 Prozent aller Zölle wegfallen, die Exportquoten steigen, Unternehmen leichteren Zugang zu öffentlichen Aufträgen bekommen, Investitionen angekurbelt und die Freizügigkeit hochqualifizierter Arbeitnehmer verbessert werden.

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