Prozessauftakt in Berlin: Flüchtling gesteht Tötung

In der Gerhart-Hauptmann-Schule wurde im April ein Hausbewohner von einem anderen getötet. Die Tat geschah im einzigen Duschraum des Hauses.

Blick in den Hof der damals noch von Flüchtlingen besetzten Schule in Kreuzberg im Sommer 2014 Bild: dpa

Es ist warm im Gerichtsaal, doch Nfamara J. scheint zu frieren. Das Gesicht in den schwarzen Rollkragenpullover vergraben, die Arme um den Körper geschlungen, sitzt er zwischen seinem Verteidiger und seinem Dolmetscher. Der 31-jährige Gambier ist wegen Totschlags angeklagt. Am 25. April 2014 soll er in der von Geflüchteten besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg im einzigen Duschraum des Gebäudes einen Mitbewohner erstochen haben.

Mitglieder der Flüchtlingssolidaritätsgruppen sind nicht gekommen, als am Donnerstag im Kriminalgericht Moabit der Prozess beginnt. „Mein Mandant ist total isoliert“, sagt Verteidiger Burkhart Person in einer Prozesspause. Er bekomme im Knast keinen Besuch, die einzigen Kontakte zur Außenwelt seien gelegentliche Telefonate mit seiner Familie in Gambia.

Neunmal hat Nfamara J. laut Staatsanwalt mit einem Messer auf den 29-jährigen Anour R. eingestochen. Der Marokkaner starb gegen 12.30 Uhr in der Schule, wo sich seinerzeit die einzige funktionierende Dusche für mehr als 200 Hausbewohner befand. Bis heute schreiben Teile der Presse, der Marokkaner sei bei einem Streit um diese einzige Dusche gestorben. In der Anklageschrift heißt es dagegen lediglich, es sei zu einer Auseinandersetzung gekommen, „ohne ersichtlichen Grund“ habe J. zugestochen.

Der Verteidiger verliest am Donnerstag für seinen Mandanten eine Erklärung. Darin gibt dieser die Tat zu. Der Marokkaner habe nicht duschen wollen. Er habe sich ihm in den Weg gestellt, nachdem er schon Streit mit einem anderen Schwarzafrikaner gehabt habe. „Du bist ein schwarzes Schwein“, habe Anour R. zu Nfamara J. gesagt. „Deine Mutter ist eine Ziege.“

Der Marokkaner sei extrem aggressiv gewesen, habe ihn geschubst, gestoßen und mit einem Gegenstand, vermutlich eine Flasche, bedroht. „Da habe ich die Kontrolle verloren“, so die Erklärung. Das Messer habe er am Morgen des Tattages für Küchenzwecke erworben und zufällig bei sich gehabt.

Mehrere Security-Leute, die seinerzeit in der Schule tätig waren und als Zeugen geladen sind, sagen am Donnerstag, dass sie den Marokkaner als ruhigen, netten Mann erlebt hätten. Doch sei Anour R. am 25. April „nicht Herr seiner Sinne“ gewesen. Die Nacht zuvor hätte er durchgemacht und dabei wahrscheinlich viel Alkohol und andere Drogen zu sich genommen.

Nfarama J. hingegen sei ihnen vor der Tat überhaupt nicht aufgefallen, sagen die Securities. Nach Angaben seines Anwalts lebte der Gambier erst seit ein paar Wochen in der Schule. Er sei ein einfacher Mensch aus ländlichen Verhältnissen. 2006 habe er in Spanien mit einem Visum für den Schengenraum Arbeit auf einer Tomatenplantage gefunden. Fragen des Gerichts will der Angeklagte am nächsten Prozesstag, den 27. Oktober, beantworten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.