Wowereit-Nachfolge: Auf der Zielgeraden

Beim Mitgliederforum der SPD in Karlshorst geben die drei Kontrahenten ihre Zurückhaltung auf.

Uhrenvergleich: Stadtentwicklungssenator Michael Müller und SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Bild: dpa

Will Raed Saleh nicht mehr Regierender Bürgermeister werden? Beim dritten Mitgliederforum der SPD am Mittwochabend in Kreiskulturhaus Karlshorst setzte der jüngste der drei Bewerber um die Nachfolge von Klaus Wowereit ganz aufs Lokale. „Wir haben im Osten den Tierpark, der leider stiefmütterlich behandelt wird“, klagte Saleh und wagte dann doch den Blick über den Tellerrand: „Es gibt bis heute keinen Reiseführer, wo der Tierpark erwähnt ist. Das kann doch nicht sein.“ Das klang eher nach einer Bewerbung für das Bezirksamt Lichtenberg als für das höchste politische Amt der Stadt.

Das Rennen um die Wowereit-Nachfolge geht in die Zielgerade. Bis zum 17. Oktober müssen die 17.200 Genossinnen und Genossen ihre Stimme abgegeben haben, einen Tag später wird ausgezählt. Bis zum Mittwoch hätten bereits 10.000 SPD-Mitglieder für einen der drei Kandidaten votiert, gab die SPD-Abgeordnete Iris Spranger bekannt. Dennoch war das Karlshorster Kulturhaus gut gefüllt. Und für Raed Saleh gab es artigen Beifall. Natürlich wusste der Fraktionschef der SPD, der nun doch wieder den Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky zu seinen Unterstützern zählen darf, dass er sich in Lichtenberg mitten im Müllerland bewegte.

Michael Müller, der Stadtentwicklungssenator, hatte also ein Heimspiel. Und er gab ganz den erfahrenen, eloquenten Politiker. „Wir können selbstbewusst auf 13 Jahre Regierungsarbeit zurückblicken“, sagte er. „Das lasse ich mir auch mit selbstgemachter Oppositionsrhetorik nicht schlechtreden.“ Die Spitze ging gegen Landeschef Stöß. Der hatte zuvor einmal mehr betont, dass er nicht nur für Kontinuität stehe, sondern auch dafür, „manche Dinge anders zu machen“.

Mit Samthandschuhen fassen sich Müller, Stöß und Saleh nicht mehr an. Mehrfach betonte Stöß, der Müller 2012 als Landesvorsitzenden entthront hatte, dass der Senat gegen einen Beschluss des Landesparteitags die Teilausschreibung der S-Bahn auf den Weg gebracht hatte. Müller konterte, dass er sich gegenüber der Bahn AG, die inzwischen als einziger Bewerber übrig blieb, in eine bessere Verhandlungsposition bringen wollte. Da war er plötzlich in der Defensive.

Aber auch Stöß musste einstecken. Warum er plötzlich erkläre, im Falle seiner Wahl zum Regierenden nicht als Landeschef zurückzutreten, wollte ein Genosse wissen. Schließlich habe er mit dem Argument, Landesvorsitz und Senatsposten seien nicht vereinbar, die Mehrheit gegen Müller organisiert. Stöß reagierte dünnhäutig. „Darüber will ich nicht diskutieren“, sagte er.

Immerhin eine Überraschung hatte Stöß mitgebracht. Wenn er das Rennen für sich entscheide, teilte er mit, würden alle Senatoren ihre Ämter behalten. Bislang galt als ausgemacht, dass in diesen Fall Finanzsenator Nußbaum, eventuell auch Müller, den Senat verlassen müssten. Es war also ein Friedensangebot, das Stöß in Karlshorst unterbreitete – womöglich nicht ganz uneigennützig. Bei einer Niederlage, so das Kalkül, würde er vielleicht seinen Posten als Landeschef retten können.

Dass Saleh als Fraktionschef bleibt, gilt auch im Fall einer Niederlage als sicher. Schließlich hat er mit 37 Jahren noch eine große Karriere vor sich. Die Messlatte hat er in Karlshorst schon gesetzt: „Ich habe ein politisches Vorbild“, sagte er. „Es ist eine Frau. Es ist Regine Hildebrandt.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.