Steinmeier vor der UN: Marode Bundeswehr in aller Welt

Der Außenminister verspricht mehr deutsches Engagement in Krisengebieten. Ursula von der Leyen räumt derweil schwere Ausrüstungsmängel der Bundeswehr ein.

Hier mal in der Luft: der Bundeswehrhubschrauber CH 53. Bild: dpa

NEW YORK/BERLIN afp/rtr | Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat vor den Vereinten Nationen ein stärkeres internationales Engagement Deutschlands versprochen. Die Welt scheine in diesem Jahr „aus den Fugen geraten“, sagte Steinmeier am Samstag bei der UN-Generaldebatte in New York. Angesichts der Vielzahl an Krisen müssten sich Staaten ihrer Verantwortung stellen. Deutschland sei bereit, diese Verantwortung in und mit der UNO zu übernehmen, sagte er.

Der Außenminister erklärte, dass die Bundesrepublik das internationale Bündnis gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) unterstütze. „Wir sind schockiert von der ungeheuren Brutalität jener Terroristen, die den Namen Gottes missbrauchen für ihr teuflisches Werk“, sagte Steinmeier. Besonders beunruhigend sei, dass „die Prediger des Hasses“ auch junge Menschen aus Europa für ihren Kampf gewinnen könnten. Deutschland unterstützt kurdische Einheiten im Nordirak mit Waffenlieferungen, lehnt eine Beteiligung an den US-geführten Luftangriffen gegen die Dschihadisten aber ab.

Angesichts der Ebola-Epidemie in Westafrika forderte Steinmeier eine langfristige Stärkung der Gesundheitssysteme in den betroffenen Staaten. „Über die unmittelbare Solidarität hinaus brauchen wir vor allem auch langen Atem“, sagte er. Deutschland werde dazu seinen Beitrag im Rahmen der UNO und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leisten. „Wir können die Toten nicht ins Leben zurückholen. Aber vielleicht können wir verhindern, dass an Ebola noch viel zu viele sterben, die nicht sterben müssten, wenn sie medizinisch behandelt würden“, sagte der Außenminister.

Steinmeier prangerte erneut das Vorgehen Russlands in der Ukraine-Krise an. Ausgerechnet das ständige Sicherheitsratsmitglied habe Völkerrecht gebrochen, sagte er. „Diesem gefährlichen Signal mussten wir uns entgegenstellen.“ Das Völkerrecht dürfe nicht „von innen ausgehöhlt“ werden.

Bundeswehr mangelhaft

Wegen gravierender Ausrüstungsmängel kann die Bundeswehr derzeit nicht allen Bündnisverpflichtungen gegenüber der Nato nachkommen. „Bei den fliegenden Systemen liegen wir im Augenblick unter den vor einem Jahr gemeldeten Zielzahlen, was wir binnen 180 Tagen der Nato im Alarmfall zur Verfügung stellen wollen“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen der Bild am Sonntag. Als Gründe nannte sie einen Lieferengpass bei Flugzeugersatzteilen und den Ausfall von Marinehubschraubern. Die CDU-Politikerin betonte aber, die Bundeswehr könne bei laufenden Einsätzen sowie der kurzfristigen Reaktion der Nato in Krisenfällen alle Verpflichtungen erfüllen.

In den vergangenen Tagen war bekanntgeworden, dass sich die alternde Flotte der Luftwaffe in einem schlechteren Zustand befindet als bisher bekannt. Lediglich 38 von 89 Kampfjets des Typs Tornado und 24 von 56 Transportflugzeugen des Typs Transall sind derzeit einsatzbereit, wie aus einem Reuters vorliegenden Bericht des Bundesverteidigungsministeriums hervorgeht. Von den 83 CH-53-Transporthubschraubern sind demnach gerade einmal 16 für Einsatz, Ausbildung oder Übungen verfügbar. Von 109 Eurofightern können nur 42 eingesetzt werden. Damit könnte die Bundeswehr im Ernstfall eines Angriffs etwa auf ein baltisches Nato-Mitglied zum Beispiel die 60 angemeldeten Eurofighter nicht stellen.

Von der Leyen sieht keine rasche Lösung für die Ausrüstungsprobleme der Bundeswehr. Weil die Mittel in der Vergangenheit auf die großen Auslandseinsätze konzentriert worden seien, habe man die Materialwartung in Deutschland heruntergefahren, erklärte die Ministerin. Die Lösung der daraus resultierenden Probleme werde sie voraussichtlich noch Jahre beschäftigen. Zugleich machte die CDU-Politikerin deutlich, dass die Armee mehr Geld brauche: „Der Ausbau der Materiallager, schnellere Instandsetzung und die Beschaffung von besserem Material werden mittelfristig mehr Geld kosten. Das wird sich absehbar auch im Etat niederschlagen.“

Die Probleme beim Lufttransport will von der Leyen bis zur vollen Einsatzfähigkeit des A400M durch Leasing zusätzlicher Flugzeuge lösen. „Bis wir über eine voll einsatzfähige A400M-Flotte verfügen, wird es noch Jahre dauern“, sagte sie der Zeitung. So lange müsse die alte Transall weiterhin fliegen. Die geleasten Transport-Flugzeuge sollen für Missionen in nicht-kriegerische Gebiete eingesetzt werden.

Für ihre Forderung nach einer Anhebung des Wehrbudgets erhielt die Ministerin Rückendeckung aus ihrer Partei. „Ab 2016 ist eine Aufstockung des Etats erforderlich – um soviel Geld, wie zur Erfüllung aller Aufträge nötig ist“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Henning Otte, der Welt am Sonntag. Schon 2015 dürfe kein Geld mehr an den Finanzminister zurückfließen.

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