Kommentar Ukraine-Reise der Kanzlerin: Frau Merkel, übernehmen Sie!

Wenn die Kanzlerin bei ihrer Reise in die Ukraine etwas erreichen will, dann muss sie Klartext reden. Und zwar bei der Kiewer Regierung.

Fährt am Samstag in die ukrainische Hauptstadt Kiew: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bild: reuters

Immerhin: Der russische und ukrainische Außenminister haben sich dazu bereit erklärt, im Gespräch zu bleiben. Und in der kommenden Woche wollen sich auch die Präsidenten beider Länder in Minsk an einen Tisch setzen. Das sind angesichts der Tatsache, dass im Donbass nach wie vor erbittert gekämpft wird, dort täglich Menschen getötet, verletzt und in die Flucht getrieben werden, positive Signale.

Doch ob, wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier meint, wirklich von einer Annäherung beider Seiten die Rede sein kann, die zu einem Waffenstillstand führt, wird sich erst noch herausstellen müssen. Denn ein Waffenstillstand setzt voraus, dass, wie von Kiew zu Recht gefordert, die russisch-ukrainische Grenze effektiv kontrolliert wird, OSZE-Vertreter ungehindert ihren Job machen können und die Rebellen ihre Geiseln frei lassen.

Vor allem für eine effektive Grenzkontrolle gibt es bisher keine Anzeichen. Nach wie vor gelangen Kämpfer und Waffen aus Russland ungehindert in das Nachbarland. Was sich in den Lastwagen des ominösen russischen Hilfskonvois tatsächlich befindet, ist immer noch unklar, genauso wie die Frage, ob die Sicherheit der Rote-Kreuz-Mitarbeiter garantiert werden kann. Und die Ankündigung Moskaus, in der südrussischen Region Astrachan eine weitere Militärübung abzuhalten, ist auch nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme.

Man darf gespannt sein, ob der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel am kommenden Samstag in Kiew das Land einer friedlichen Lösung ein Stück näher bringt. Wenn dieses Krisengespräch jedoch mehr als nur bloße Symbolpolitik sein soll, wird Merkel nicht umhin können, Tacheles zu reden. Nicht nur in Bezug auf einen Waffenstillstand, sondern auch auf die jüngsten Winkelzüge der Kiewer Regierung. Die führt gerade durch die Hintertür eine Internetzensur ein und ist dabei, 14 russische Sender aus dem Kabelnetz zu verbannen. Demokratie sieht anders aus. Frau Merkel, übernehmen Sie!

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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