Kommentar Mobilisierung in der Ukraine: Kanonenfutter an die Front

Der ukrainsiche Präsident macht mobil, um den Osten des Landes zu befrieden. Doch so werden sich die Kämpfe erst recht intensivieren.

Nachschub für den Kampf gegen die Separatisten: ukrainische Soldaten beim Treue-Eid. Bild: dpa

Während die sterblichen Überreste von knapp 300 Menschen, die am vergangenen Donnerstag bei dem Abschuss der malayischen Passagiermaschine über der Ostukraine getötet wurden, noch nicht einmal außer Landes gebracht worden sind, wird im Donbass weiter gestorben – in einem irrsinnigen Krieg zwischen völlig enthemmten prorussischen Kämpfern und Angehörigen der ukrainischen Armee.

Jetzt legt der ukrainische Präsident Petro Poroschenko noch einmal nach und verfügt per Erlass eine Teilmobilmachung – vorgeblich, um den militärischen Druck auf die Separatisten zu erhöhen und die nationale Unabhängigkeit zu sichern. Zugeben: Poroschenko, der gerade einmal zwei Monate im Amt ist, steht unter wachsendem Druck der Bevölkerung, den Osten des Landes zu befrieden.

Doch die Mobilmachung dürfte genau das Gegenteil bewirken: Die Kämpfe werden sich intensivieren, zumal nichts darauf hindeutet, dass der Nachschub an Waffen und Kämpfern aus Russland in die Ostukraine versiegt. Die Leidtragenden werden nicht nur – wie immer – völlig unbeteiligte Bürger sein, sondern auch die frisch Rekrutierten, die, wie die ukrainischen Truppen insgesamt, in jeder Hinsicht schlecht ausgerüstet sind.

So ist es wohl auch kein Zufall, dass die Regierung genaue Angaben darüber, wie viele Soldaten bereits ihr Leben gelassen haben, unter Verschluss hält. Und wenn jetzt Blogger die Mobilmachung mit dem spöttischen Satz kommentieren „Kanonenfutter, macht euch zum Abmarsch bereit“, dann tun sie das zu Recht.

Nein, der neue Präsident wäre besser beraten, nicht nur auf militärische Härte zu setzen, sondern auch nach Wegen zu suchen, über Verhandlungen eine Lösung des Konflikts zu erreichen. Doch davon ist im Augenblick leider keine Rede mehr. Das ist fatal.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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