Kommentar Ehegattennachzug: Deutsch lernt man hier am besten

Die Sprachtests für nachziehende Ehegatten waren wenig sinnvoll und vor allem ein innenpolitisches Symbol. Für die Betroffenen waren sie eher lästig.

Nicht, dass uns das Goethe-Institut scheidet: türkisches Hochzeitspaar. Bild: imago/Hoch Zwei Stock

Ehepartner von in Deutschland lebenden Türken müssen vor der Übersiedlung keinen Sprachtest mehr bestehen. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof. Damit ist die Debatte über solche Sprachtests aber nicht zu Ende, sondern wird neu beginnen.

Da sich der EuGH nur auf ein Abkommen der EU mit der Türkei bezog, bleiben die obligatorischen Sprachtests für Angehörige vieler anderer Nationen – etwa Russen, Kosovaren und Marokkaner – bestehen.

Die Frage ist also weiter aktuell: Sind solche Sprachtests sinnvoll, um die Integration zu erleichtern und Frauen in Zwangsehen Schutz zu geben? Das Argument klingt ja durchaus einleuchtend: Wer selbst beim Arztbesuch Verwandte als Übersetzer mitnehmen muss, lebt unter permanenter sozialer Kontrolle. Nur eine Frau, die einigermaßen Deutsch spricht, kann sich unabhängig beraten lassen und um Hilfe bitten.

Die Wirklichkeit sieht aber mal wieder anders aus. Das geforderte Sprachniveau ist viel zu niedrig, um für eine Person in einer Konflikt- oder Notlage tatsächlich von Nutzen zu sein. Vor allem aber vergeht zwischen Test und Einreise im Schnitt ein halbes Jahr. Das Gelernte ist bis zum Umzug längst wieder vergessen, wenn man keine Gelegenheit hat, es zu praktizieren.

Die Sprachtests sind vor allem ein innenpolitisches Symbol. Es soll zeigen, dass man von Einwanderern etwas verlangt. Ob das nun sinnvoll ist oder nicht, darauf kommt es der Regierung gar nicht an.

Zwei-Klassen-Denken

Für die Betroffenen ist so ein Deutschtest aber ziemlich lästig. Oft müssen sie in eine andere Stadt oder sogar ein anderes Land ziehen, um sich auf den Test vorzubereiten. Die Durchfallquoten liegen – trotz des niedrigen Niveaus – bei rund einem Drittel.

Viel einfacher ist es, Deutsch dort zu lernen, wo Deutsch gesprochen wird. Und längst schon können auch nach der Einreise Sprachkurse zur Pflicht gemacht werden – die dann nicht als Migrationshindernis wirken, sondern tatsächlich als Lebenshilfe.

Problematisch ist aber vor allem das hinter den Sprachtests stehende Zwei-Klassen-Denken: Während Bürger aus den meisten Industriestaaten von solchen Tests befreit sind, wird den übrigen Migranten signalisiert, sie seien eigentlich unerwünscht. So wird Integration nicht erleichtert, sondern erschwert.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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