Überfall von Rechtsextremen in NRW: Polizei schont erneut Nazis

Rechte in Aachen zeigen den Hitlergruß und überfallen eine Kneipe. Die Beamten schreiten nicht ein – wie schon nach der Kommunalwahl in Dortmund.

Schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit werden massive Vorwürfe am Umgang der Polizei mit Nazis in NRW laut. Bild: dpa

KÖLN taz | In Nordrhein-Westfalen hat es erneut einen Überfall von Rechtsextremen gegeben – und wieder wird das Verhalten der Polizei scharf kritisiert. Nach dem WM-Spiel Deutschland gegen Frankreich am Freitag haben nach Angaben des Autonomen Zentrums Aachen Nazis eine Kneipe überfallen, in die sich ein Antifa-Aktivist geflüchtet hatte.

Vor der Kneipe Fiasko am Synagogenplatz sollen sich rund 70 überwiegend männliche Personen gesammelt haben. Das Lokal ist als Treffpunkt rechter Hooligans bekannt. Einige aus der Gruppe hätten den Hitlergruß gezeigt, außerdem sei die Reichskriegsflagge geschwenkt worden, heißt es in der Erklärung des Autonomen Zentrums. An dem Platz befindet sich auch eine Synagoge, die von der Polizei bewacht wird.

Nachdem ein Antifa-Aktivist auf die Polizisten zuging, um sie auf das Treiben der Nazis aufmerksam zu machen, sei er von der Gruppe angegriffen worden. Er floh in die nahe gelegene Kneipe Promenadeneck, die daraufhin von 50 Rechten attackiert wurde. Dabei erlitten Gäste der Kneipe Platzwunden und weitere Verletzungen, eine Fensterscheibe ging zu Bruch.

Erst nach 15 Minuten traf die Polizei ein, die Angreifer konnten sich offenbar unbehelligt in das Lokal am Synagogenplatz zurückziehen. „Bis auf das Fotografieren einer Reichskriegsflagge ist uns kein weiteres Vorgehen der Polizei gegen die Neonazis bekannt“, kritisiert das Autonome Zentrum.

„Das ist ja eine heikle Sache“

Die Aachener Polizei bestätigte den Einsatz am Freitag, sah sich bis Redaktionsschluss aber nicht in der Lage, Details mitzuteilen oder eine Bewertung abzugeben. „Das ist ja eine heikle Sache“, sagte ein Mitarbeiter der Polizeipressestelle.

Das ist es. Es ist das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass massive Vorwürfe am Umgang der Polizei mit Nazis in NRW laut werden. Erst in der vergangenen Woche hatte sich der Düsseldorfer Landtag mit einem Überfall von Rechtsextremen auf das Dortmunder Rathaus am Abend der Kommunalwahl am 25. Mai befasst.

Mitglieder der militanten Gruppe „Die Rechte“ waren vor dem Rathaus aufgezogen, um den errungenen Sitz im Rat zu feiern. Die Polizei war darauf nicht vorbereitet, weil sie sich auf die Aussagen eines Nazi-Kaders verlassen hatte. Die Einsatzkräfte trafen erst ein, nachdem die Rechten DemonstrantInnen attackiert hatten, die ihnen den Weg ins Rathaus versperrten.

Das juristische Nachspiel trifft jetzt vor allem die DemonstrantInnen. Laut Staatsanwaltschaft Dortmund sind 46 Ermittlungsverfahren wegen Nötigung gegen Personen eingeleitet worden, die diesem Kreis zugerechnet werden. 22 Ermittlungsverfahren laufen gegen Anhänger der Gruppe „Die Rechte“.

Ermittlungen gegen DemonstrantInnen

Bei den Ermittlungen gegen die DemonstrantInnen zeigen sich die Behörden übereifrig. Ungeachtet presserechtlicher Regeln gehen sie auch gegen den Journalisten Bastian Pütter vor. Der hauptamtliche Redakteur der Obdachlosenzeitung Bodo hatte noch in der Nacht online über die Wahlen berichtet. Auf ihn kamen die Ermittler, weil Pütter im WDR von Kollegen in seiner Funktion als Journalist über die Ereignisse befragt worden war. „Der Staatsschutz rief bei mir in der Redaktion an“, berichtete Pütter. Als er dem Ermittler seinen Aufenthalt vor dem Rathaus erklärt hatte, stellte dieser das Verfahren nicht ein, sondern faxte eine Vorladung.

An dem Abend hatte die Polizei keine Personalien aufgenommen, viele jetzt Beschuldigte haben sich selbst als Zeugen zur Verfügung gestellt. Etliche fürchten jetzt, dass die Rechten über die Ermittlungen an ihre Adressen kommen. Die Dortmunder Nazis sind dafür bekannt, dass sie ihre Gegner einschüchtern – auch schon mal mit einem Hausbesuch.

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