ARD-Dokumentation: Eine neue Fan-Kultur

Der Rassismus in deutschen Fußballstadien wird nicht weniger. Die Einen stört das mehr, die Anderen weniger, wie eine ARD-Doku zeigt.

Auch Schalke-Spieler Gerald Asamoah wurde mehrmals rassistisch beleidigt Bild: AP

Ob Affengesten und Bananen, „Buschlaute“ oder „Nigger“-Beschimpfungen: Der Rassismus in den europäischen und deutschen Fußballstadien scheint in den vergangenen Jahren kaum abgenommen zu haben. Dies zeigen nicht nur Fälle wie die rassistischen Beleidigungen gegen Kevin-Prince Boateng in Mailand 2013 oder jüngst der Bananenwurf gegen den Barceloner Dani Alves, sondern auch die wieder vermehrt rekrutierenden Rechten in den deutschen Fanszenen.

Die ARD-Dokumentation nutzt die WM, um sich der Diskriminierung in deutschen Fußballligen zu widmen. Die rassistischen Übergriffe in den frühen 90ern dienen als Hintergrund, um zu erklären, welche Veränderungen es auf den Plätzen und in den Kurven seither gegeben hat. Der Fall des Ingolstädter Zweitligaspielers Danny Da Costa, der sich zu Beginn der vergangenen Saison im Spiel bei 1860 aus dem Münchener Fanblock rassistische Parolen anhören musste, bildet den Rahmen. „Es war ein Punkt erreicht, wo ich mir gesagt habe: ’Komm, jetzt gehste zum Schiri‘“, erzählt Da Costa nun, im Stadion sitzend.

Auch Mitspieler Ralph Gunesch kommt zu Wort. Er hatte nach der Fanaktion seine Empörung offensiv publik gemacht und in den sozialen Medien mit Fans diskutiert. Gemeinsam mit Da Costa hat er in Ingolstadt eine Antirassismus-Initiative gestartet. Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, erzählt im Interview, dass sich der Rassismus in deutschen Stadien – bei einer anderen „Hool-Kultur“, einer erst in jüngerer Zeit gewachsenen Ultra-Szene – im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten stark verändert hat.

Dabei wird deutlich, wie undifferenziert es ist, den Rassismus der 80er und der frühen 90er in den Stadien mit jenem heute zu vergleichen. Wenn Klubs versuchen, rassistische Fans zu bekämpfen, ohne die heutige Fankultur als Ganzes zu verstehen, könne es nur schiefgehen, so Gabriel.

„Klares Abseits - Rassismus im Fußball“, Sonntag, 6. Juli, 17.30 Uhr, ARD

Die Verharmloser in den Vereinen kommen aber auch vor. Von Energie Cottbus ist bekannt, dass sie in jüngerer Zeit Probleme mit rechtsextremen Fangruppen haben. Während sich die Klubführung im Film nicht äußern will, sagt auch der abwiegelnde Betreuer des Cottbusser Fanprojekts, sein Verein sei zuletzt „ein bisschen sehr in den Vordergrund“ gerückt worden.

Nicht viel Neues

Der 60-minütige Film ist für die empfehlenswert, die sich noch nicht mit dem Thema Rassismus im Fußball beschäftigt haben. Er gibt einen kurzen Überblick über die Lage im Fußballlande – ohne viele neue Erkenntnisse zu liefern. Wo etwa Fanprojekt-Koordinator Gabriel nach staatlichen Mitteln für Antidiskriminierungsprogramme schreit, hätte man sich schon gewünscht, dass der Film die Verantwortlichkeit von DFB und DFL auch in den Fokus rückt.

Wenn er „Hochglanzbroschüren“ kritisiert, hätte man sich einmal kurz einen Überblick gewünscht, was die Verbände denn abgesehen von Bannern und Symbolpolitik tun – was zum Beispiel mit neueren Projekten wie dem Pool zur Förderung innovativer Fußball- und Fankultur (PFiFF) in dieser Hinsicht bewegt werden soll. Klar wird einmal mehr, wie wichtig das Engagement der Profis und Funktionäre selbst ist. Wenn man Spieler wie Gerald Asamoah oder Ralph Gunesch in Kontakt mit Fans und Publikum sieht, wird dies deutlich.

Dass der Film für die Reihe „Gott und die Welt“ produziert wurde, merkt man im Übrigen leider mitunter – die im christlichen Jargon vorgetragenen Einlassungen des Moderators nerven zeitweise.

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