Parlament will mehr kontrollieren: „Schnüffler“ gegen Geheimdienste

Der Bundestag will die Nachrichtendienste stärker durchleuchten. Die Opposition spricht von einem überfälligen „Pflichtprogramm“.

Will künftig „richtig“ aufklären: Clemens Binninger (CDU), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist ein denkbar zahnloser Aufpasser. Neun Mitglieder hat das Parlamentarische Kontrollgremium im Bundestag bisher für eine wahre Großaufgabe: die Aufsicht über 11.500 deutschen Geheimdienstlern. Monatlich tritt das Gremium zusammen, um sich hinter verschlossenen Türen Lageberichte der Chefs von Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und Militärischem Abschirmdienst anzuhören. Dann hört die Kontrolle auch schon wieder auf.

„Es gibt Grundmängel“, gesteht Clemens Binninger (CDU), Vorsitzender der Kontrollgruppe. Eine strukturelle Kontrolle gebe es tatsächlich nicht. Bisher.

Denn am Dienstag präsentierte Binninger mit seinem SPD-Kollegen Burkhard Lischka eine Neuaufstellung des Gremiums. Ab sofort soll nicht mehr den Lageberichten „hinterhergehechelt“, sondern eine eigene Agenda gesetzt werden. Jedes Mitglied werde künftig eigene Themengebiete abarbeiten.

So will Binninger die Geheimdienst-Reformen nach den NSU-Morden und die Neuordnung der V-Mann-Praxis überprüfen. Lischka wiederum will klären, wie der BND gewonnene Daten aufbereitet und filtert. Dabei wird er mit Hans Christian Ströbele zusammenarbeiten. Ein interessantes Setting: Der Grüne ist im Ausschuss eher als Individualist verschrien.

Kampfeslustige Töne

Den Abgeordneten soll zudem ab Herbst eine siebenköpfige Taskforce zuarbeiten, die direkt in den Geheimdiensten Akten einsehen und Mitarbeiter befragen kann. Die Dienste müssten „zu jeder Zeit zu jedem Thema“ mit Besuchen rechnen, kündigte Lischka an. Am Ende gebe es Abschlussberichte, die auch öffentlich diskutiert würden. Auch Gesetzesänderungen seien denkbar. „Wir werden schnüffeln, bellen und wenn nötig auch beißen.“

Kampfeslustige Töne, die in der Opposition grundsätzlich begrüßt werden - wenn auch nicht uneingeschränkt. All dies, so heißt es, hätte doch längst „Pflichtprogramm“ sein müssen. Der Linke André Hahn beklagt zudem, an der Auswahl der Taskforce nicht beteiligt gewesen zu sein. „Ob sie uns am Ende eine Hilfe ist, bleibt abzuwarten.“

Es war die NSA-Affäre, die offenlegte, wie ahnungslos das Kontrollgremium war. Die Aufklärung der Massenüberwachung soll aber vorrangig im eigens eingerichteten NSA-Untersuchungsausschuss stattfinden, erklärte Binninger.

Auch der fokussiert zunehmend die deutschen Dienste. Am Donnerstag sind dort die NSA-Whistleblower William Binney und Thomas Drake geladen. Letzterer berichtete jüngst bereits über den BND und dessen „extrem weitgehende“ Kooperation mit der NSA.

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