Dopingverdacht bei Algeriens „Goldener Elf“: Alles nur Vitamine

Viele algerische Nationalspieler der 80er haben behinderte Kinder bekommen. Der behandelnde sowjetische Artzt will nur Harmloses verabreicht haben.

Mahiedine Khalef, Algeriens Trainer von 1982 (Mitte), sagt: „Doping gab es damals in Algerien nicht.“ Bild: imago/WEREK

Es ist ein ungeheuerlicher Verdacht. Algerische Fußballnationalspieler, die in den 80er Jahren für ihr Land aufgelaufen sind, fordern eine Untersuchung, die klarstellen soll, ob sie ohne ihr Wissen Dopingmittel eingenommen haben. Sieben Spieler dieser Epoche sind mittlerweile Väter teilweise schwer behinderter Kinder und vermuten einen Zusammenhang mit den Mitteln, die ihnen verabreicht worden sind.

Genauer gesagt, fordern die Spieler noch immer eine Untersuchung. Schon 2010, kurz vor Beginn der Fußball-WM in Südafrika, hat ein Spieler den unheimlichen Verdacht geäußert. Doch sein Hilferuf verhallte. Ein Jahr später starteten betroffene Spieler einen neuen Versuch, die Öffentlichkeit für ihr Anliegen zu sensibilisieren.

Der frühere Mittelfeldspieler Mohamed Kaci Saïd, WM-Teilnehmer 1986 und Vater einer 1985 geborenen geistig behinderten Tochter, hatte als Erster gesagt: „Wir fragen uns, ob uns die sowjetischen Mediziner dieser Zeit mit gesundheitsgefährdenden Mitteln vollgestopft haben.“ Niemand reagierte, bis sich dann 2011 ein weiterer ehemaliger Nationalspieler an die Öffentlichkeit wandte. Der frühere Mittelstürmer Djamel Menad sagte: „Wir sind mehrere Nationalspieler, die mindestens ein behindertes Kind haben. Das ist kein Zufall, und es ist an der Zeit, dass die Verantwortlichen eine Untersuchung einleiten, um dieses Phänomen zu erklären.“

Menad, dessen Tochter an einer Hirnkrankheit leidet, vermutet wie Saïd, dass unter dem inzwischen verstorbenen russischen Trainer Ewgenij Rogow, der in der 80er Jahren in Algerien gearbeitet hat und auch einmal Nationaltrainer war, Medikamente verabreicht worden sind. Saïd erinnert sich: „Er arbeitete mit einem Arzt namens Sascha Tabartschuk zusammen.“ Menad fügt an: „Der hat uns bei jeder Zusammenkunft der Nationalmannschaft gelbe Pillen gegeben. Ihm würde ich gerne ein paar Fragen stellen.“

Was ist mit den gelben Pillen?

Doch die Betroffenen warten auf Antworten – bis heute. Die Süddeutsche Zeitung hat sich zum WM-Spiel der Algerier am Montag gegen Deutschland noch einmal des Themas angenommen. Mahiedine Khalef, Algeriens Trainer von 1982, wird zitiert: „Doping gab es damals in Algerien nicht.“

Aber was war mit Aleksander, genannt Sascha, Tabartschuk und den gelben Pillen? Der Arzt sagt, dass er nur Vitamine verabreicht habe. Rabah Saâdane, der Algeriens Auswahl bei den Weltmeisterschaften 1986 und 2010 als Trainer betreut hat, kann sich ebenfalls nicht vorstellen, dass sich der Verdacht der betroffenen Spieler betätigt. „Ich verstehe den Schmerz der betroffenen Familien“, sagt er, „aber eine Verbindung zwischen den Behinderungen und Doping müsste von einer wissenschaftlich begleiteten Untersuchung geklärt werden.“ Saâdane hat klargestellt, das in der Zeit, in der er Nationaltrainer war (1984-1986), kein europäischer Mediziner das Team begleitet hat.

Mohamed Chaïb, dessen Frau laut Süddeutscher Zeitung drei behinderte Kinder zur Welt brachte, hat sich längst einen Anwalt genommen und forderte vom algerischen Verband die medizinischen Unterlagen von damals an. Es gebe sie nicht mehr, teilte der Verband ihm mit. Und so warten die Eltern und ihre Kinder weiter auf eine offizielle Untersuchung und auf Antworten.

Anmerkung der Redaktion: Der Text erschien bereits 2011. Er wurde aktualisiert.

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