Überteuerter Wahlkampf von Sarkozy: Größenwahnsinnige Manipulationen

Im Wahlkampf 2012 hat Frankreichs Expräsident Sarkozy Millionen Euro mehr ausgegeben als erlaubt. Der Skandal bedroht jetzt seine Karriere.

Was, so viel hat der Spaß gekostet? Bild: reuters

PARIS taz | Eine speziell auf Wunsch gebaute geräuschisolierte Garderobe mit Dusche und Salon für einen einzigen Abend, Bühnen mit einer Lightshow wie für ein Konzert der Stones, Zehntausende von Fahnen für die Fans, Riesenporträts des Kandidaten für einen einmaligen Gebrauch als Kulisse, Dutzende von Extrazügen für Parteigänger aus der Provinz – Nichts war zu toll und zu teuer für Expräsident Nicolas Sarkozy, als er 2012 für seine Wiederwahl kandidierte. Genützt hat ihm der ganze Pomp und Größenwahn nichts. Im Nachhinein kommt Sarkozys Niederlage seiner Partei, der konservativen UMP, aber extrem teuer zu stehen.

Zuerst hatte die für die Prüfung der Wahlkampfkosten zuständige nationale Wahlkommission die Buchhaltung des unterlegenen UMP-Kandidaten wegen Unregelmäßigkeiten zurückgewiesen. Weil die Partei daraufhin die staatlichen Subventionen (11 Millionen Euro) nicht erhielt, musste sie bei ihren Sympathisanten betteln gehen. Nun hat sich aber herausgestellt, dass bei der Finanzierung des Wahlkampf in großem Stil gemogelt wurde. Zuerst war der Verdacht aufgekommen, dass die zur Organisation der Wahlveranstaltungen verpflichtete Firma Bygmalion mit überhöhten Rechnungen zu viel verdient hätte.

Doch schnell stellte sich heraus, dass die hohen Beträge für Konferenzen, die nie stattgefunden hatten, in Wirklichkeit ein Vertuschungsmanöver waren. Eine doppelte Buchhaltung verschleierte, dass Sarkozys Auftritte viel mehr kosteten, als dies offiziell verbucht wurde. Insgesamt darf ein Präsidentschaftskandidat nicht mehr als 23 Millionen Euro ausgeben. Im Fall von Sarkozy sollen sich die Ausgaben laut Onlinemagazin Mediapart.fr auf 39 Millionen Euro belaufen.

Von den mehr als 40 organisierten Wahlveranstaltungen kosteten einige wegen Sarkozys „Folies des grandeurs“ in Wirklichkeit bis zu achtmal mehr als vorgesehen, weil niemand es wagte, dem Kandidaten mit seinen extravaganten Ansprüchen zu widersprechen. Der Buchhalter der Partei, Pierre Godet, ahnte früh, dass die Kampagne zu viel kosten würde. Er warnte nach Angaben des Journal du dimanche schon ab Anfang März das Hauptquartier zweimal mit Briefen, die heute Teil der Akten der gerichtlichen Voruntersuchung sind. Doch niemand schenkte dem Beachtung.

Geld von Gaddafi?

Wegen des Skandals musste bereits Parteichef Jean-François Copé zurücktreten. Denn die Firma Bygmalion wurde von zwei seiner engsten Vertrauten gegründet und geleitet. Zudem hat dieses Unternehmen bei der UMP und ihren Parlamentariern mit sehr fragwürdigen „Beratungsverträgen“ Millionen kassiert. Die Justiz hat zu diesen Beziehungen zwischen Bygmalion und der UMP eine Untersuchung wegen Betrug, Fälschung und Veruntreuung eingeleitet. Copés und Sarkozys Mitarbeiter beginnen auszupacken.

Jérôme Lavrilleux, der ehemalige Vize-Chef der Wahlkampagne, gab schon im Fernsehen zu, dass Bygmalion mit Rechnungen an die Adresse der UMP die zu hohen Ausgaben von Sarkozy verschleiern half. Jetzt hat auch Exkampagnenleiter Guillaume Lambert Sarkozys Verteidigungstaktik erschüttert, indem er aussagte, er habe von Lavrilleux damals eine SMS bekommen, in dem dieser ausdrücklich erwähnte, dass er spätestens zwischen den beiden Wahlgängen sowohl Copé als auch Sarkozy über die finanziellen Schwierigkeiten informiert habe: „Wir haben kein Geld mehr. JFC (Jean-François Copé) hat mit dem PR (Präsidenten Sarkozy) darüber gesprochen.“

Zusammen mit den Listen der effektiven Ausgaben könnte diese kurze Nachricht auf einem Smartphone für den Expräsidenten, der ernsthaft an eine Revanche bei der Präsidentschaftswahlen 2017 denkt, verhängnisvoll werden. Denn auch in der UMP schütteln immer mehr Leute empört den Kopf, weil ihre Partei für den Größenwahn des Expräsidenten bezahlen muss. „Sarkozy war zwangsläufig unterrichtet“, glaubt der UMP-Abgeordnete und ehemalige Chirurg Bernard Debré. Der Ärger wächst, nachdem auch noch bekannt wurde, dass die UMP aus dem Etat ihrer Parlamentsfraktion 3 Millionen Euro „geborgt“ habe, um das Loch in der Kasse zu füllen. Die UMP-Abgeordneten erfuhren aus der Presse davon.

Ein Ermittlungsverfahren wegen der manipulierten Wahlfinanzierung hätte Sarkozy gerade noch gefehlt. Bereits jetzt prüft die Justiz den dringenden Verdacht, dass schon seine siegreiche Wahlkampagne von 2007 illegal mit Gaddafis Millionen aus Libyen finanziert worden sei. Noch in dieser Woche dürfte Sarkozy eine richterliche Vorladung bekommen, weil er sich über einen hohen Richter und einen Polizeichef über laufende Ermittlungen informieren ließ, die ihn belasten könnten. Sarkozys ambitionierte politische Zukunft sieht eher bescheiden aus.

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