Sicherheit im Internet: Facebook macht sich an Kinder ran

Mark Zuckerberg will unter 13-Jährigen den Zugang zu seinem Sozialen Netzwerk erlauben. Der Kinderschutzbund ist besorgt.

Kinder unter 13 Jahren geben ein falsches Alter an, um sich bei Facebook anzumelden. Bild: dpa

BERLIN taz | Schon bald könnte Facebook seine Altersschranken aufheben und Kindern unter 13 Jahren erlauben, sich im Online-Netzwerk anzumelden. Vor kurzem hat das US-Patentamt einen Antrag von Facebook für ein mögliches Verfahren publiziert.

Einzige Bedingung für die Kinder-Accounts ist die Kontrolle der Eltern, die sich mit eigenen Profilen anmelden müssen. Mit der Verknüpfung der Accounts können Erziehungsberechtigte die Facebook-Aktivitäten ihrer Kinder kontrollieren und ihren Handlungsspielraum individuell einschränken. Facebook gibt sich verantwortungsvoll: Diese Maßnahme soll „Eltern helfen, ihre Kinder im Internet zu schützen“, erklärt ein Pressesprecher im Gespräch mit dem Guardian.

Schon 2011 hat Mark Zuckerberg gegenüber CNN geäußert, dass sein Unternehmen für eine Aufhebung der aktuellen Altersschranke kämpfen werde. Im Sinne der Bildung sollte man mit der Facebook-Nutzung schon „in sehr, sehr jungen Jahren anfangen“, sagte der Erfinder und Geschäftsführer von Facebook.

Der Deutsche Kinderschutzbund ist irritiert: „Mich würde konkret interessieren, welchem Bildungsauftrag Herr Zuckerberg da nachgeht. Wenn es darum geht, wie man Kinder als Konsumenten gewinnt, um mehr Geld von Investoren zu bekommen, dann zielt diese Aktion sicher in die richtige Richtung“, sagt Christoph Thiel, Projektkoordinator für Medienkurse.

5,6 Millionen Mitglieder unter 13 Jahren

Facebook ist mit seinen 1,23 Milliarden Mitgliedern zwar weltweit das größte Online-Netzwerk, aber es verzeichnet immer weniger Neuanmeldungen. Dabei bringen neue Nutzer höhere Werbeeinnahmen und mehr Investoren. Die wiederum steigern den Gewinn.

Kinder unter 13 Jahren, die sich unerlaubt registriert haben, mussten bisher keine große Sicherheitshürde überwinden. Bei der Anmeldung wird die Altersangabe nicht überprüft. Allerdings ist die Plattform verpflichtet, jeder Vermutung auf einen Account mit falschen Daten nachzugehen.

Allein 2012 wurden so über 800.000 Profile gelöscht. Trotzdem vermutet Facebook, dass derzeit etwa 5,6 Millionen unter 13-Jährige einen Account besitzen. Würde die Altersgrenze aufgehoben, könnte man mit einem beachtlichen Zuwachs rechnen: Zu jedem legalen Kinder-Account gehörte schließlich ein Eltern-Account.

Bleibt die Frage, ob Kinder unter 13 Jahren durch die elterliche Kontrolle vor allen Gefahren des Internets geschützt sind. Mobbing und Belästigungen könnten durch Privatsphäre-Einstellungen verhindert werden. Trotzdem beantwortet Christoph Thiel vom Kinderschutzbund die Frage ganz klar: Nein. „Wir wissen heute, dass Status-Updates das Belohnungssystem anregen.“ Ein körperlich-biologischer Aspekt, den Eltern nicht kontrollieren können.

Strikte Verbote bringen nichts

Jeder Kommentar und Klick auf „Gefällt mir“ hat Auswirkungen auf die Psyche der Kinder. „Facebook birgt eine gewisse Suchtgefahr“, warnt Thiel. „Daher sollte man nicht früher als mit 13 Jahren anfangen, Facebook zu nutzen.“ Dem stimmt Michael Littger nicht zu. „Soziale Netzwerke werden zunehmend von allen Altersgruppen genutzt“, sagt er. Der kontrollierte Gang ins Internet sei daher ein potentieller Beitrag für mehr Datenkompetenz.

Für den Geschäftsführer von Deutschland sicher im Netz e.V. (DsiN) spricht damit nichts gegen die Facebook-Nutzung für unter 13-Jährige. „Man kann Kinder schon sehr früh an das Internet gewöhnen. Natürlich nur unter Aufsicht der Eltern.“ Das Online-Netzwerk gehört zu den Mitgliedern von DsiN.

Auch die Berliner Kinderpsychotherapeutin Irina Czertok empfiehlt Eltern, beim Thema Facebook offen zu sein. Strikte Verbote würden nichts bringen. „Die Problematik beim Konsum von Facebook entsteht dann, wenn die Kinder nicht angeleitet werden und sich über ihre Erfahrungen nicht mitteilen dürfen.“ Zumindest die heimliche und unkontrollierte Nutzung könnte vermieden werden.

Trotzdem müssten Eltern sich überlegen, welchen Stellenwert die Medienkompetenz bei Kindern haben sollte. Wird der virtuellen Welt zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, könnten andere wichtige Kompetenzen leiden: „Je früher der Konsum von Facebook einsetzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Kind diese virtuelle Welt zur Bewältigung der Realität nutzt. Die Gefahr dabei ist, dass Kinder in der Realität weniger sozial kompetent sind.“

Facebook will sich zu all dem nicht äußern. Schließlich stünde noch gar nicht fest, wann und ob die neue Regelung eingeführt wird. Mit dem Patentantrag habe man lediglich auf Forschungsergebnisse reagiert. Da diese bereits zwei Jahre alt seien, könne man sich „keine Vorhersagen auf weitere Aktivitäten in diesem Bereich“ erlauben.

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