Britische Serie „Sherlock“: Immer schneller, immer absurder

Elegante Wortgefechte, ironische Dialoge: „Sherlock“ geht in seine dritte Staffel. Die bietet wenig Neues – das aber in gewohnt hoher Qualität.

Rettet mal wieder London: Sherlock. Bild: ARD Degeto/BBC/Hartwood Films 2012

Der erste Blick geht auf Sherlock Holmes Grab. Aus dem Off schreit Watson seinen Namen. Holmes tot? Flashback. Szenen der letzten Folge aus der zweiten Staffel. Sherlock sprang von einem Dach, um Dr. Watson zu retten. Sein Nemesis Moriarty hatte alles so eingefädelt. Und von nun an wird rekapituliert, wie Holmes nicht selbst gesprungen und eben doch noch am Leben sei. Eine Theorie jagt die nächste, und dabei werden sie immer absurder. Aber das Tempo stimmt.

Zurück zu Watson vor dem Grab. Es gibt zwei Neuerungen: Erstens trägt er Schnauzer, und zweitens er ist nicht allein. Er steht neben einer Frau und hält ihre Hand. Und ja, um das vorwegzunehmen, Sherlock lebt natürlich. Und wie in jeder Folge muss er auch in „Der Leere Sarg“ London retten. Dieses Mal vor einem Terroranschlag. Dabei ist er auf die Hilfe seines Assistenten angewiesen.

Doch Watson ist beleidigt – schließlich war er nicht in den Plan der Vortäuschung des Todes eingeweiht. Watson wird jedoch gegen seinen Willen entführt und somit einbezogen. Also nicht viel Neues.

Bei „Sherlock“ geht es allerdings weniger um das Klein-Klein, sondern um das große Ganze. Um die großen Leitfragen. Wie hat Sherlock seinen Tod vorgetäuscht? Eine Frage, die nicht wirklich beantwortet wird. Und dann wären da noch zwei weitere Fragen, die sich durch die drei Folgen der dritten Staffel ziehen und somit den großen Bogen spannen: Wer ist John Watsons Verlobte eigentlich? Und wer hat Watson entführt?

Holmes’ Deduktionen

Auch in der dritten Staffel macht „Sherlock“ Freude. Benedict Cumberbatch als Sherlock Holmes und Martin Freeman als John Watson liefern sich ironische Dialoge und elegante Wortgefechte.

Und in noch einem Punkt ist Steven Moffats und Mark Gatiss’ „Sherlock“-Produktion seit jeher Vorreiter – in ihrer Geschwindigkeit. Schnell, schneller, noch schneller – bis kurz vor der Erschöpfung. Wenn Sherlock denkt oder besser gesagt seine „Deduktionen“ vollführt, blicken die Zuschauer ihm nicht nur über die Schulter, sondern direkt ins Gehirn: Zeitraffer, Schriftzüge und visuelle Assoziationen veranschaulichen seine Gedanken. Textbotschafen, E-Mails und dergleichen werden ebenfalls direkt ins Bild getragen.

Trotz der wenigen Neuerungen bleibt „Sherlock“ ein Pflichtprogramm, aber es verliert so langsam das Alleinstellungsmerkmal. Denn Großbritannien hat so einige hervorragende Serien, die ebenfalls das Spiel zwischen Narration und Kreativität bis hin zur Perfektion beherrschen. Allan Cubitts Krimi-Serie „The Fall“ zum Beispiel mit Gillian Anderson und Jamie Dornan in den Hauptrollen, mit einer der interessantesten weiblichen Hauptfiguren seit „Kommissarin Lund“ und einer fast schon theatralen Kameraführung.

„Sherlock“, ab 29. Mai, 21.45 Uhr, ARD, immer donnerstags

Am Ende von „Der leere Sarg“ konfrontiert Assistent Watson den Meisterdedektiv Holmes. „Tun Sie nicht so, als würden Sie es nicht genießen zurückzusein. Wieder ein Held zu sein. Sie lieben es, Sherlock Holmes zu sein.“ Und in diesem Moment scheint Holmes in die Perspektive der Zuschauer zu wechseln. Denn – von wegen Tempo – zwei Jahre mussten sie sich gedulden. Nun ist das Warten vorbei.

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