Kommentar Wahl in der Ukraine: Jetzt braucht es Vertrauen

Dass in der Ukraine ein Oligarch an die Macht gekommen ist, ist nicht überraschend. Fatal wäre es aber, wenn die EU dies für immer akzeptierte.

Ein neuer Präsident: Montagfrüh in Kiews Metro. Bild: ap

Mit dem erwartet hohen Ergebnis für Pjotr Poroschenko und dem unerwartet niedrigen Ergebnis für die ukrainischen Rechtsradikalen ist die Ukraine einen deutlichen Schritt auf die Europäische Union zugegangen. Nun muss Europa handeln, darf diesen Vertrauensvorschuss nicht verspielen.

Dass aber mit Poroschenko ausgerechnet ein Oligarch in Kiew an die Macht gekommen ist, entspricht der Logik eines Landes, in dem die Oligarchen die Geschicke von Wirtschaft, Politik, dem Sicherheitsapparat und der Medienlandschaft bestimmen. Es wäre allerdings fatal, wenn die europäische Politik dies als für alle Zeit gegeben akzeptierte und sich allein mit den Oligarchen über das Schicksal des Landes einigte und die Bedürfnisse der Bevölkerung außer Acht ließe.

Die Macht der Oligarchen muss begrenzt werden. Es kann nicht sein, dass der „König des Donbass“, der Oligarch Rinat Achmetow, nach Unruhen in der Stadt Mariupol kurzerhand seinen Werksschutz auf Streife schickt. Es kann auch nicht sein, dass Oligarchen bestimmen, was im ukrainischen Fernsehen gesendet wird.

Insbesondere muss im Osten des Landes um Vertrauen geworben werden. Solange der Osten nur als Lieferant von Bodenschätzen interessant ist, Shell mit Fracking im Gebiet Donezk Gas gewinnt, die Bedürfnisse und Wünsche der russischsprachigen Bevölkerung ignoriert werden, man Kiew mit „Antiterroroperationen“, die vor der Zivilbevölkerung keinen Halt machen, gewähren lässt, braucht man sich über das Misstrauen gegenüber Europa nicht wundern.

Ein Schritt, der Bevölkerung im Osten die Angst zu nehmen, wäre die Einführung des Russischen als weitere offizielle EU-Sprache. Mit Drohungen und Waffengewalt kann man den Osten der Ukraine jedenfalls nicht zum Verbleib im Land zwingen.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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